Zertifizierung von Biotreibstoff: Die Zeit wird knapp

Ab Juli muss Biotreibstoff zertifiziert sein. Das Umweltministerium will die Frist nicht verlängern, das Agrarministerium hingegen ist offener für die Begehrlichkeiten der Industrie.

Weizen auf einem Feld in Neukirchen-Vluyn (Niederrhein). Bild: dpa

BERLIN taz | Die ersten Getreidehändler und Ölmühlen beantragen dieser Tage die Zertifikate, die ihre Rohstoffe als nachhaltig produziert auszeichnen. Ab dem ersten Juli dürfen die Mineralölkonzerne nur noch einen so gekennzeichneten Planzendiesel dem fossilen Diesel hinzufügen, um die vorgeschriebene Beimischungsquote von 6,25 Prozent zu erfüllen. "Die Betriebe stehen Schlange", sagt Jan Henke von der Kölner Beratungsfirma Meó, die das vorläufig einzige zugelassene Zertifizierungssystem ISCC umsetzt. Rund 2.500 Betriebe aller Verarbeitungsstufen müssen bis Juli in Deutschland zertifiziert werden.

Dazu schließen die Unternehmen einen Vertrag mit einer Zertifizierungsstellen ab. Sechs sind bislang von der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) zugelassenen worden, zum Beispiel der Tüv Süd.

Zwei Mitarbeiter hat dieser mit der Überprüfung der Unternehmen beauftragt. Sie schauen bei Raiffeisengenossenschaften oder Getreidehändlern, woher diese ihr Getreide bekommen. Dazu hinterlegen die Landwirte Selbsterklärungen bei den Händlern, in denen sie versichern, dass sie etwa ihren Raps nur auf Flächen anbauen, die nicht besonders artenreich sind oder dem Klimaschutz dienen. Vom Getreidehändler aus werden die Mengen an Getreide dann über die Ölmühlen und Dieselraffinerien bis zum Mineralölkonzern weiterverfolgt. Die Zertifizierung daure, "etwa zwei Tage, je nach Größe des Betriebes", sagt Henke.

Der Pflanzendieselhersteller Mannheim Biofuel wird sich in der nächsten Woche eine Zertifizierungsstelle suchen. "Wir werden die Zertifizierung bis zum ersten Juli hinbekommen", sagt Mitarbeiter Timo Windhopf. Dass die ganze Branche den Stichtag einhalten kann, glaubt er indes nicht.

"Wenn man Lager-, Transport- und Umschlagzeiten mit einberechnet", sagt Johannes Daum, Referent beim Verband der deutschen Biokraftstoffindustrie, "müssen die Rohstoffe schon Mitte Mai zertifiziert sein". Das sei für die Gesamtmenge nicht möglich. Sinnvoll wäre es daher, das System zwar im Juli zu starten, doch den Unternehmen bis Ende des Jahres eine sanktionsfreie Übergangsfrist einzuräumen.

Auch die Union zur Förderung von Öl- und Proteinpflanzen UFOP, eine Organisation des Deutschen Bauernverbandes, fordert Fristverlängerungen. Sie hat, zusammen mit anderen Verbänden, ein zweites Zertifizierungssystem gegründet, dass auf seine Zulassung wartet.

Es sei unfair, die Unternehmen zu bestrafen, die sich rechtzeitig um ihre Zertifikate gekümmert hätten, meint hingegen Henke von Meó. Es sei zwar eine Herausforderung, innerhalb der nächsten Monate genügend Betriebe zu zertifizieren, doch es sei machbar.

Während das Umweltministerium eine Fristverlängerung ausschließt, zeigt sich das Agrarministerium für den Ruf der Industrie offener. "Wir beobachten jetzt erstmal, ob es Schwierigkeiten gibt", sagt ein Sprecher. Die EU-Nachhaltigkeitsverordnung dürfe kein Wettbewerbsnachteil für deutsche Bauern werden, schließlich sei Deutschland das einzige Mitgliedsland, dass die Zertifizierungspflicht schon Mitte des Jahres umsetze.

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