Krach um Digitalsteuer: USA poltern Richtung Europa
Gerade hat sich die EU gegen eine Digitalsteuer entschieden – da denkt Washington laut über den Gang zur Welthandelsorganisation WTO nach.
Der US-Beauftragte für internationale Handelsgespräche, Chip Harter, sagte am Dienstag in Paris, die Regierung untersuche die „diskriminierende Wirkung“ einer solchen Steuer, wie sie unter anderem Frankreich und Österreich planen.
Das Vorhaben einer Digitalsteuer sei „unausgereift“ und ihre Wirkung sei „hochgradig diskriminierend für multinationale Konzerne“ aus den USA, kritisierte Harter vor einer Sitzung der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). Washington behalte sich deshalb einen Gang vor die WTO vor, sagte der hohe Beamte im US-Finanzministerium.
Frankreich hat eine solche Steuer für Internetriesen bereits auf den Weg gebracht, um Konzerne wie Google und Amazon stärker zu besteuern. Sie soll rückwirkend zum 1. Januar greifen. Auch in Deutschland gibt es Sympathien für eine solche Abgabe: Dafür hat sich etwa Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier ausgesprochen.
Viele in old Europe empfinden es als ungerecht, dass die US-Giganten hier Riesenmargen erzielen, aber kaum Steuern zahlen. Allerdings: Daimler oder VW verkaufen in den USA auch viele Autos, ohne dafür noch eigene Steuern zahlen zu müssen. Das ist eines der Argumente der Digitalsteuergegner.
Keine Digitalsteuer auf EU-Ebene
Auf EU-Ebene scheiterte ein Beschluss für die Digitalsteuer am Dienstag vorerst endgültig am Widerstand Dänemark, Finnlands, Irlands und Schwedens. Auf die Werbeumsätze, die Digitalkonzerne in der EU erzielen, sollte eine zusätzliche Steuer von 3 Prozent erhoben werden, die Digital Advertising Tax (DAT). Diese sollte ab 2021 greifen. Da es aber keine Mehrheit gab, wollen Frankreich und die Bundesregierung das Thema jetzt auf Ebene der OECD angehen, zu der auch die USA angehören.
Experten meinen, wenn es schon nicht auf EU-Ebene gelingt, die Google, Amazon & Co zu Abgaben zu zwingen – wie soll das auf Weltniveau klappen? Finanzminister Olaf Scholz (SPD) machte aber bereits am Montag bei der Sitzung der EU-Finanzminister keinen Hehl daraus, er sei froh, dass die Digitalsteuer in der EU nicht komme.
Tatsächlich macht das aus deutscher Sicht auch Sinn. Eine exportgetriebene Wirtschaft wie die deutsche muss Angst haben, dass sich die USA „rächen“: Zum Beispiel mit Extrazöllen auf deutsche Autoimporte, mit denen US-Präsident Donald Trump seit Monaten droht.
Frankreich ist nicht so abhängig von Exporten in die USA – deshalb gibt es bereits einen Gesetzentwurf. Bereits in diesem Jahr soll der Fiskus voraussichtlich 400 Millionen Euro durch die neue Steuer einnehmen, die rückwirkend zum 1. Januar gelten soll. Bis 2022 soll der Erlös dann stufenweise auf 650 Millionen Euro jährlich steigen.
„Die Schätzung basiert auf dem Anstieg des Umsatzes der Internet-Giganten, den wir seit fünf Jahren in Frankreich beobachten“, sagte Finanzminister Bruno Le Maire zu der sogenannten Gafa-Steuer – die Abkürzung steht für die Konzernnamen Google, Apple, Facebook und Amazon. Die erste Parlamentsdebatte ist im April geplant.
3 Prozent Steuer für etwa 30 Konzerne
Eine Abgabe von 3 Prozent wird von allen Konzernen verlangt, die mit ihrem Digitalgeschäft mehr als 25 Millionen Euro Umsatz in Frankreich machen und rund 750 Millionen Euro weltweit. Zu den besteuerten Aktivitäten gehören unter anderem Online-Werbung und der Verkauf und die Verwendung von Nutzerdaten.
Von der französischen Steuer dürften rund 30 Konzerne betroffen sein – darunter auch deutsche, wie Le Maire der Zeitung „Le Parisien“ gesagt hatte. Vorwiegend entfällt die Abgabe aber auf US-Unternehmen. Namentlich nannte Le Maire den Fahrdienstleister Uber, den Ferienwohnungs-Vermittler Airbnb und das französische Online-Werbeunternehmen Criteo. (Mit Agenturen)
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert