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Kosten für Elbphilharmonie explodierenAn der Nase herumgeführt

Hamburgs Elbphilharmonie wurde immer nur ein bisschen teurer - bis der Preis aufs Dreifache geklettert war. Jetzt steckt die Kulturpolitik der Stadt in der Falle.

Wird noch bis 2014 eine Baustelle bleiben: Die Elbphilharmonie. Bild: dpa

HAMBURG taz | Damals, Anfang der 2000er, waren alle Parteien dafür, den exklusiven Touristenmagneten zu bauen. Eigentlich sollte sie ja ein Schmuckstück werden.

Dass Hamburgs Elbphilharmonie dann immer ein bisschen teurer wurde, sah man ihr nach, zunächst - bis der Preis auf das Dreifache geklettert war. Ab da nahm es das Volk übel. Verweigerte Identifikation. Sprach ketzerisch von darbender Subkultur und Ähnlichem. Da half es auch nicht, dass die Politiker die Philharmonie ein ums andere Mal als "Haus für alle" rühmten, dessen Karten ja so billig sein sollten. Der Lack war ab, noch bevor er aufgetragen war.

Das lag teils an der vom damaligen CDU-Senat forcierten frühen Ausschreibung - schließlich wollte man im Wahlkampf mit dem Projekt punkten. Hinzu kam ein Vertragskonstrukt, das die Glamour-Architekten Herzog & de Meuron nicht direkt mit der Baufirma verhandeln ließ, sondern die Stadt als "Projektsteuerer" zwischenschaltete. Das funktionierte aber nicht, im Gegenteil: Bald wusste niemand mehr genau, welche (teuren) Änderungen von den Architekten und welche von der Stadt gekommen waren. Baukonzern Hochtief, eifrig Nachforderungen stellend, lachte sich ins Fäustchen.

Vertragsstrafe in Millionenhöhe

All das sollte mit dem Hamburger Regierungswechsel im Frühjahr 2011 anders werden - obwohl nie klar war, was ein SPD-Senat neu bewegen sollte. Doch einen Versuch war es wert, und so trat sie gleich recht forsch auf, die aus Berlin eingeflogene Kultursenatorin Barbara Kisseler. "Keine Spielchen von Hochtief mehr", rief sie ein ums andere Mal aus, wenn neue Nachforderungen drohten. Nach dem dritten Mal glaubte ihr keiner mehr.

Jetzt, da Hochtief den Bau wegen eines Disputs ums Dach weitgehend eingestellt hat, rang sich die Stadt endlich durch, von Hochtief eine Vertragsstrafe von 40 Millionen Euro wegen zweijährigen Verzugs einzufordern. Es ist das erste Mal, dass die Stadt nicht als naiver Hanswurst auftritt, der vom mächtigen Baukonzern an der Nase herumgeführt wird - aber viel mehr ist es auch nicht.

Denn es wird weder den Ruf der Kultursenatorin noch den der hamburgischen Kulturpolitik retten. Kisseler ist vollauf damit befasst, die Löcher zu stopfen, die ihre konservativen Vorgänger hinterließen - mit einem leichten, wohl biografisch motivierten Faible fürs Theater: Die beiden großen Hamburger Bühnen bekommen mehr Geld und sind somit ruhiggestellt.

Das ungeliebte Erbe

Das Chaos im Museumswesen dagegen schwärt weiter. Kein einziges der vielen unterfinanzierten Häuser bekommt mehr Geld. Nebenher wird die Senatorin auch noch von ihrer eigenen SPD getrieben. Die beantragte die Auflösung einer wichtigen Museumsstiftung - zwei Tage, nachdem Kisseler für deren Erhalt plädiert hatte. Kisseler ruderte zurück und fand den SPD-Vorschlag dann auch ganz gut. Hausmacht sieht anders aus.

Und die Elbphilharmonie, die wohl erst Ende 2014 fertig wird? Ist - das gibt Kisseler inzwischen selbst zu - ein Erbe, das sie wenig liebt, an das zu glauben sie sich aber verpflichtet hat. Das mit dem Vorgeführtwerden allerdings, das ist noch nicht vorbei. Am Mittwoch nämlich berichtete die Bild, Hochtief habe soeben weitere 180 Millionen Euro gefordert. Der öffentliche Anteil an dem PPP-Projekt stiege somit auf eine halbe Milliarde. Hochtief dementierte zwar sofort. Die Kultursenatorin auch. Aber die Zahl ist in der Welt, und in Sachen PR wäre Hochtief damit mal wieder vorn.

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13 Kommentare

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  • FT
    Frau T.

    Mir fehlen da konkrete Zahlen. Wie viel genau sollte die Elbphilharmonie kosten und wo liegt momentan der Preis? Das klingt alles sehr neblig.

  • D
    drubi

    Solange Politiker und Verwaltungen nicht persönlich für Fehlkalkulationen zur Verantwortung gezogen werden können, wird sich an der massiven Verschwendung öffentlicher Gelder nichts ändern. Das alleine reicht zudem auch nicht. Es wäre zudem notwendig, dass Auftragnehmer grundsätzlich alles, was maximal 10 Prozent der ursprünglich kalulierten Kosten übersteigt von den Auftragnehmern selbst übernommen werden müsste. Nur so kann man erreichen, dass über vernünftig kalkulierte Projekte abgestimmt wird. Und schliesslich: wenn man unbedingt "Star"-Architekten braucht, um ein Opernhaus zu bauen, sollte man sich nicht wundern, wenn das eindrucksvollste an der ganzen Sache schliesslich die Kosten sind. Aber für die hehre Kunst bringt man ja gerne Opfer, besonders wenn andere für die Opfer blechen und schuften.

  • J
    jojo

    ich als hamburger stehe der elbphilharmonie mit gemischten gefühlen gegenüber.auf der einen seite finde ich die entwicklung in der hafencity spannend und könnte mir vorstellen, das die elbphilharmonie wenn sie dann mal fertig ist,beeintruckend aussieht.

    auf der anderen seite gehen 50 prozent meines gehalts für die miete drauf,ich suche seit einem jahr eine andere wohnung und finde keine.alleine letztes jahr erhöhte sich die einwohnerzahl hamburgs um zwölftausend menschen, die auch irgendwo wohnen wollen.wo sind die versprochenen 9.000 städtischen wohnungen pro jahr?ach ja,dafür ist ja kein geld da-wo steckt dieses geld?hm....klassische musik interssiert mich leider überhaupt nicht.deshalb wird die elbphilharmonie für mich ein teurer hingucker bleiben.

     

    aber eines muss ich der elbphilharmonie und den hamburgern zu gute halten.die elbphilharmonie kostet eventuell eine halbe milliarde euro.die hafencity insgesamt wird voraussichtlich dem staat hamburg 4 milliarden euro kosten.

    dafür ist die elbphilharmonie das modernste und spektakulärste konzerthaus der welt, und die hafencity das größte städtebauprojekt europas.

    stuttgart 21 dagegen könnte bis zu 8 milliarden euro kosten und ist einfach nur ein popeliger tiefergelegter bahnhof.niemand wird wegen einem bahnhof der aussieht wie eine vergößerte u-bahn station nach stuttgart fahren.

    ob S21 touristen bringt ist sehr fraglich.naja baden-württemberger hinterland halt...

  • AS
    Andreas Suttor

    Dass öffentliche Prestigeobjekte stets deutlich teurer ausfallen als zu Beginn veranschlagt, ist nicht neu und auch nicht besonders erwähnenswert. Was den Fall der Hamburger Elbphilharmonie aus der Normalität heraushebt, ist das schiere Kostenvolumen und der Dilletantismus, mit dem die Senatsverwaltung ihre selbstauferlegte Aufgabe als Projektmanager wahrnimmt.

    Leidtragende sind alle - auch der Baukonzern Hochtief als Generalunternehmer, der sich sicher schon lange nicht mehr ins Fäustchen lacht. Hochtief hat bereits mehrfach die Arbeiten von sich aus eingestellt - und zwar nicht nur wegen Zahlungsstreitigkeiten, sondern weil die Firmeningenieure zum Teil schwerste Sicherheitsbedenken gegen abgeänderte Planungen der Senatsverwaltung hegen. So viel zum Thema Kompetenz der behördlichen Bauaufsicht.

    Die Architekten haben sich sicher auch nicht träumen lassen, wie sehr ihr Entwurf durch absurde künstlerische Nachforderungen und weitere Auflagen der Auftraggeber verändert und verhunzt wird.

    Natürlich wird auch der Hamburger Steuerzahler ein Hauptleidtragender sein - aber das war ja von vornherein abzusehen.

    Es wird Zeit, daß für solch grobe Fälle von Inkompetenz wie in der Hamburger Bauverwaltung - und hier ist nicht die politische Führung gemeint - die persönliche Haftung eingeführt wird. Dann hören vielleicht endlich Leute auf, mit Millionen zu spielen, die wahrscheinlich nicht mal mit Zehntausenden klar kommen.

  • M
    mimi-kri

    - solange es das fernsehen gibt, um die menschen hier zu verblöden

     

    - solange für autofahrer die straßen noch relativ frei sind und der sprit noch einigermaßen bezahlbar

     

    - solange an der bildung in öffentlichen schulen gespart wird

     

    - solange es noch genug zum shoppen gibt

     

    . . . . solange wird der größte teil der bevölkerung hier sich mit allem abfinden - bzw sich nicht die bohne dafür interessieren - was in der kriminellen vereinigung von politik und wirtschaft passiert!

  • M
    Marion

    In Baden württemberg geht es aber um Milliarden für einen Bahnhof den es schon gibt wie doof kann man eigentlich sein?

  • A
    Anna

    Und die Leute lassen es sich gefallen, trauen sich weder zu demonstrieren noch zu blockieren obwohl wir eines der wenigen Länder sind, wo wir das ohne größere körperliche Schäden machen können. Uns geht es halt noch zu gut, da sind auch noch ein paar Milliönchen für die "Mafia" drin, solange wir Menschen zu Hungerlöhen in anderen Ländern für uns arbeiten lassen, unterdrückt direkt und indirekt mit (auch deutschen Waffen), damit wir billig Rohstoffe und Billigwaren bekommen. Ja nicht aufmucken, weil dann muss man alles in Frage stellen und das dicke Auto muss öfter stehen bleiben.

  • B
    boiler

    Damals, Anfang der 2000er, waren alle Parteien dafür, den exklusiven Touristenmagneten zu bauen.

    Dann sollten Sie auch diese Parteien beim Namen nennen.

    Es waren CDU, SPD, Schill, GAL und FDP.

    Und diese Parteien bauen auch weiterhin dieselbe Sch...., machen ihre Deals, von denen Parteien oder EInzelpersonen profitieren und kümmern sich wenig um die Bedürfnisse der Hamburger_innen.

    Der nächste große Angriff auf die Bürger_innen ist der Versuch, Volksentscheide zu verhindern, indem man unnötige Hürden aufbaut. Da sind sich auch SPD, CDU, GAL und FDP einig.

    Denn sie könnten ja an Macht und EInfluss verlieren. Für wen sind die eigentlich da?

  • A
    Anita

    S21 wird nicht wegen irgendwelcher neuer Ideen vom Bauherrn teurer, sondern weil das von vorneherein zu klein geplant war, um die Kosten niedrig zu rechnen.

  • D
    dndn

    Witzig:

     

    als ich mal in Bremen gewohnt hatte, erzählte man mir dort die Geschichte des großartigen, unglaubliche Summen verschlingenden "Space Center", für das von öffentlicher Hand immer mehr Geld zur Verfügung gestellt wurde.

     

    Nun, in Leipzig, erzählte man mir die Geschichte vom kollossalen, für alle Leipziger Vorteile versprechenden "City Tunnel", der nur, leider, es hatte ja keiner geahnt, immer teurer wurde als zunächst den Bürgern angepriesen.

     

    Mir kommt - als junger Mensch - dieses Muster vor wie ein Running-Gag. Oder eben ein wunderbares "Geschäftsmodell", was sich bis jetzt scheinbar gut bewährt...

     

    Deutscher Humor war noch nie der beste...

  • V
    vic

    Das steht BaWü mit S21 noch bevor.

  • R
    Rudolph

    Mal sehen, wann es den Volksabstimmungs-trunkenen Baden-Württembergern dämmert, daß sie sich da das gleiche in Grün eingebrockt haben.

  • I
    Ingo

    Der Witz des Tages:

     

    "In Deutschland gibt es keine Mafia."