■ Kosovo: Droht nach der ethnischen Teilung die politische?: Die Verantwortung des Westens
Ob „Zone“, „Region“, „Sektor“ oder „Einflußbereich“ – auf welches Etikett auch immer sich Rußland und die USA vielleicht noch einigen werden –, alles läuft auf die ethnische Teilung des Kosovo hinaus. In den größeren, von Nato-Soldaten kontrollierten Teil kehren vertriebene AlbanerInnen zurück. In den kleineren, wo russische Truppen das Sagen haben, nicht. Damit wird eines der zentralen Ziele des Nato-Luftkrieges, die Rückkehr aller Vertriebenen an ihre ursprünglichen Wohnorte zu ermöglichen, nicht erfüllt.
Die ethnische Teilung des Kosovo heute ist der erste Schritt zur politischen und territorialen Teilung des Kosovo spätestens in einigen Jahren. Mit noch unabsehbaren Konsequenzen für die ohnehin sehr labile Situation in Bosnien-Herzegowina, für Makedonien und andere Staaten mit schwelenden Minderheitenproblemen. Für dieses ungünstigste aller denkbaren Szenarien tragen die Nato-Staaten mindestens soviel Verantwortung wie Rußland, das wegen seiner überraschenden (?) Stationierung von Truppen in Pritina von westlichen Regierungen jetzt zum Sündenbock gemacht wird.
Die Nato-Staaten haben nie ernsthaft den Versuch unternommen, den Kosovo-Konflikt gemeinsam mit Rußland als gleichberechtigtem Partner in den Griff zu bekommen. Statt dessen löste die Nato mit ihrer Luftkriegsdrohung vom letzten Oktober eine verhängnisvolle innenpolitische Dynamik in Rußland aus. Der Einfluß der nationalistisch-kommunistischen Mehrheit in der Duma sowie des Militärs auf die Politik der Regierung Jelzin wurde gestärkt. Weitere Etappen waren die vom Westen domininierten und manipulierten Verhandlungen in Rambouillet, elf Wochen Luftkrieg und schließlich die Verweigerung einer gleichberechtigten Rolle für Rußland in der Führung der KFOR.
All dies mußte zwangsläufig zu der jetzt entstandenen Situation führen. Die zeitweise intensive Kooperation mit dem Kosovo-Vermittler Tschernomyrdin hat vor allem in der deutschen Außenpolitik zu der schweren Fehleinschätzung geführt, Moskau würde auch in der Frage der KFOR-Führung nachgeben. Die Konsequenzen werden auch die deutschen Soldaten in „ihrem“ Sektor zu tragen haben. Denn mit einer russischen Zone – in der möglicherweise sogar serbische Miltärs verbleiben – und der dann noch weiter sinkenden Bereitschaft der UÇK zur Abgabe ihrer Waffen wird das Sicherheitsrisiko für alle KFOR-Soldaten noch größer. Andreas Zumach
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