Korruptionsskandal in der Türkei: Polizisten des Amtes enthoben
Nach Großrazzien in der Türkei müssen mehrere Polizisten ihre Posten räumen. Kritiker werfen der Regierung vor, die Justiz behindern zu wollen.
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ISTANBUL dpa | Im Korruptionsskandal in der Türkei sind nach dem Istanbuler Polizeichef laut Medienberichten weitere Polizisten ihres Postens enthoben worden.
14 hochrangige Beamte in der Hauptstadt Ankara seien am Freitag ersetzt worden, berichtete die Zeitung Today's Zaman in ihrer Online-Ausgabe. Das Blatt zitierte ungenannte Juristen, die die Amtsenthebungen als Vertuschungsversuch und „eklatante Einmischung“ in die Untersuchungen der Justiz kritisierten. Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan hat die Korruptionsermittlungen als „dreckige Operation“ gegen seine islamisch-konservative Regierung bezeichnet.
Der Korruptionsskandal erschüttert die Türkei seit Dienstag, als bei Großrazzien in Istanbul und Ankara mehr als 50 Menschen festgenommen wurden. Darunter waren der Direktor einer staatlichen Bank, ein Istanbuler Bezirks-Bürgermeister der Regierungspartei AKP und regierungsnahe Geschäftsleute. Zu den Festgenommenen zählten außerdem drei Ministersöhne, darunter der Sohn von Innenminister Muammer Güler, der der Polizei vorsteht.
Bereits am Tag nach den Großrazzien waren mehrere leitende Polizisten versetzt worden, darunter auch solche, die mit der Anti-Korruptionsoperation befasst gewesen waren. Bei den Untersuchungen geht es unter anderem um Schmiergeldzahlungen bei der Vergabe von Bauaufträgen, um Geldwäsche und um mögliche illegale Geschäfte mit dem Iran zur Umgehung internationaler Sanktionen.
Die Zeitung Hürriyet berichtete, gegen acht der Verdächtigen sei inzwischen Haftbefehl erlassen worden. Fünf weitere Festgenommene seien wieder freigelassen worden.
Türkische Medien werteten die Razzien als einen Angriff der Bewegung des in den USA lebenden türkischen Predigers Fethullah Gülen auf die Erdogan-Regierung. Gülen wird großer Einfluss innerhalb der Polizei und Justiz in der Türkei nachgesagt. Zwischen der mächtigen Gülen-Bewegung und Erdogan-Anhängern eskaliert seit Wochen ein Konflikt, der das islamische Lager spaltet. Gülen hat jede Verantwortung für die Razzien zurückgewiesen.
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