piwik no script img

Korruptionsaffäre in der TürkeiGeldwäsche im Auftrag des Iran

Türkische Ministersöhne sitzen in U-Haft und die Teheran-Connection bringt die USA ins Spiel. Die Korruptionsaffäre weitet sich aus – und Erdogan droht.

Bei einem Bankmanager wurden Kartons mit Bargeld gefunden: Als Reaktion wird in Ankara wird mit einem Sarg aus Schuhkartons protestiert Bild: ap

ISTANBUL taz | Der türkische Ministerpräsident Tayyip Erdogan steht erstmals nach elf Jahren Amtszeit mit dem Rücken zur Wand. Eine vergangene Woche aufgedeckte Korruptionsaffäre zieht immer weitere Kreise. Vier Minister seiner Regierung werden beschuldigt, in die bislang größte derartige Affäre der Türkei verwickelt zu sein. Zwei Ministersöhne wurden am Freitag in Untersuchungshaft genommen, ein weiterer Ministersohn erst einmal auf freien Fuß gesetzt. Gegen insgesamt 24 Beschuldigte wurden Haftbefehle erlassen.

Mittlerweile wird in der türkischen Öffentlichkeit immer mehr über das Ausmaß des Skandals bekannt. Neben den fast schon üblichen Schmiergeldskandalen im Bausektor geht es vor allem um Geldwäsche im Auftrag des Iran, durch die die internationalen Sanktionen gegen Teheran unterlaufen wurden. Im Mittelpunkt steht der iranisch-türkische Geschäftsmann Reza Zarrab. Über ihn wurden die illegalen Transfers angeblich abgewickelt, er soll das Schmiergeld verteilt haben. Mutmaßliche Nutznießer waren wohl vor allem Süleyman Aslander, Chef der staatlichen Halkbank, über deren Konten die Deals abgewickelt wurden, und Wirtschaftsminister Zafer Caglayan sowie Innenminister Muamar Güler.

Die beiden Ministersöhne Baris Güler und Kaan Caglayan, die im Auftrag ihrer Väter wohl Schmiergeld entgegennahmen, sitzen nun in Haft. Die Ermittlungsbehörden veröffentlichten Fotos aus der Wohnung von Baris Güler, die eine Geldzählmaschine und große Summen Bargeld zeigen. In der Wohnung von Bankchef Süleyman Aslan wurden 4,5 Millionen Dollar in mehreren Schuhkartons sichergestellt.

Wirtschaftsminister Caglayan soll bei Zarrab eine Schweizer Uhr für 300.000 Dollar bestellt und Europaminister Egeman Bagis ebenfalls eine halbe Million Dollar eingesteckt haben. Mithilfe der Halkbank soll Reza Zarrab in den beiden letzten Jahren Gold im Wert von 8 Milliarden Dollar über die Türkei in den Iran transferiert haben. Offenbar hatten die US-Geheimdienste diese illegalen Transfers seit längerem im Blick und haben wohl intern die türkische Regierung vergeblich gemahnt, die Geschäfte der Halkbank zu unterbinden. Aus diesem Grund tauchen jetzt auch die USA plötzlich als Beteiligte in dem Skandal auf.

Nähe zur Gülen-Gemeinde

Auslöser für die Aufdeckung des Skandals sind Ermittlungen, die Staatsanwälte und die Generaldirektion gegen organisierte Kriminalität in Istanbul und Ankara führten, ohne ihre obersten Vorgesetzten zu informieren. Diese Staatsanwälte und Polizisten stehen, wie man aus früheren Verfahren gegen das Militär weiß, der islamischen Gülen-Gemeinde nahe, deren oberster Guru Fetullah Gülen in den USA lebt und angeblich gute Kontakte zu US-Behörden unterhält.

Nicht nur Ministerpräsident Tayyip Erdogan glaubt offenbar, dass US-Kreise Gülen ermuntert haben, die Goldexporte in den Iran und die damit verbundenen Korruptionsfälle jetzt auffliegen zu lassen. Auf einer Kundgebung am Samstag in Samsun am Schwarzen Meer sagte er, es gäbe Botschafter in der Türkei, die „provokative Handlungen“ verüben würden. „Wir müssen diese Leute nicht dulden“, rief er seinen Anhängern zu, „wir sind nicht gezwungen, sie in unserem Land zu lassen.“ Indirekt drohte Erdogan damit, US-Botschafter Francis Ricciardones des Landes zu weisen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

14 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • W
    walter_52

    Wenn das doch so einfach schwarz-weiß wäre, Eintürk. Ist es aber nicht und einfach die Amerikaner zu beschuldigen heißt, von den wirklichen strukturellen Problemen abzulenken, welche in der Türkei seit Jahrzehnten bestehen.

    • @walter_52:

      @Walter

      Und eine Frage habe ich noch an Sie. Dabei muss ich leider den Propaganda Begriff Islamist verwenden. Warum beschützt, hegt und pflegt Washington eigentlich den in Pensylvania residierenden Islamisten Gülen ? Darf ich Ihnen diese Frage stellen ? Oder ist das auch S/W Malerei?

    • @walter_52:

      Ganz sicher gibt es strukturelle Probleme in der Türkei, wie z.B. Korruption. Es gibt aber auch so etwas wie Gladio und Nato (wie übrigens in allen anderen europäischen Staaten auch, Deutschland eingeschlossen). Nur DER will ablenken, der von Gladio nicht spricht, oder der die Nato als rein militärisches Bündnis sieht. Fragen Sie mal 100 deutsche Akademiker, wie viele von Ihnen Gladio kennen ? Sie werden erstaunt sein, wie groß der Anteil derer ist, die die Gladio nicht kennen. Obwohl dieser Begriff in fast allen Zeitungsarchiven von ganz links bis ganz rechts zu finden ist. Gladio hat über Jahrzehnte die europäische und Nato Geschichte jahrzehnte lang mitbestimmt. Wollen Sie das ernsthaft bestreiten ?

  • N
    NOCHEINTÜRK

    Hervorragender Kommentar! Besonders die Tatsache "Onkel Sam hat´s gegeben, Onkel Sam hat´s genommen" trifft des Pudels Kern! Chapeau Hr./Fr. Eintürk!

  • TEIL II

     

    Um es kurz zu machen: Erdogan und die Gülenbewegung versuchten die gesamte Entwicklung der Türkischen Republik seit ihrer Gründung 1923 zurück zu drehen und schafften de facto den Rechtsstaat ab, offen forderte Erdogan unter Anderem die Abschaffung der Gewaltenteilung.

    In den elf Jahren der AKP Herrschaft verkaufte Erdogan alles, was es an Staatsbetrieben in der Türkei gab. Die Staatsschulden der Türkei sind ungefähr doppelt (!) so hoch wie vor elf Jahren. Finanziell ist die Türkei von kurzfristigen und sehr teuren Krediten so abhängig wie man nur abhängig sein kann.

    Nebenbei machte man das gesamte Bildungssystem kaput. Wissenschaftlichkeit hat man durch Religiosität ersetzt. In den Imam Hatip Schulen wurden Schüler herangezogen, die sich in erster Linie durch Religiosität denn als geistige Brillianz auszeichnen. Diese Absolventen infiltrierten anschliessend den gesamten Polizeiapparat, die Staatsanwaltschaften inbegriffen.

     

    In den elf Jahren der AKP Regierung nahmen Kleptokratie und Nepotismus unglaubliche Ausmaße an. Der Sohn Erdogans besitzt jetzt sechs Schiffe, sein Papa kann sich in Istanbul fünf Villen auf einmal kaufen usw usw. Rechtstaatlichkeit wurde durch Autokratie ersetzt. Modernität durch Rückschritt.

     

    Der Bruch zwischen der AKP auf der einen Seite und der Gülen Bewegung und den Imperialisten auf der anderen Seite kam unter anderem durch die Mavi Marmara Aktion und jetzt, meiner Meinung nach durch die Aushebelung der Iran Sanktionen durch das Umfeld Erdogans. Wobei einige Leute, die ohnehin schon korrupt waren noch einmal richtig die Dimensionen nach oben geschraubt haben.Hinzu kommt, dass Erdogans Sultansgehabe immer mehr pathologische Züge annimmt. Der Zusammenstoß mit der CIA Marionette Gülen war unvermeidlich, zudem dieser selbsterklärend extrem israelhörig ist.

     

    Ja und da wären wir wieder an dem Punkt angelangt, wo irgend jemand wieder zur Raison gebracht werden muss.

  • “Die Geister, die ich rief………”

    Der Aufstieg und der Fall Erdogans, Onkel Sam hat´s gegeben, Onkel Sam hat´s genommen.

     

    Als die damalige sozialdemokratische türkische Regierung unter Bülent Ecevit und das türkische Militär sich nicht in den zweiten Irak Krieg ziehen lassen wollten, hat das Dollar-Papier Imperium beschlossen, den Vasallenstaat Türkei zur Raison zu bringen und eine neue Macht zu installieren.

     

    Man bediente sich im religiös fundamentalistischen Umfeld. Diese waren waren besonders gut geeignet, denn sie hassten den Kemalismus, weil dieser strikt die Trennung von Staat und Religion vorschrieb und auch nicht von irgendwelchen neoosmanischen Reichen und Kalifaten (Führerschaft im Islam) träumten. Und das türkische Militär, war der treueste Wächter und Garant dieses Laizismus.

     

    Das Imperium und die Fundamentalisten hatten einen gemeinsamen Feind: Die moderne, laizistische, (nur mehr oder weniger ) unabhängige Republik Türkei mit Nichteinmischungsgebot in die Angelegenheiten anderer Staaten.

     

    Als Marionette suchte man sich einen gewissen Erdogan aus, ehemals Bürgermeister von Istanbul und verurteilt wegen Vergehen gegen die Verfassung der Türkei.

     

    Nach mehreren Treffen mit dem US Botschafter der USA in der Türkei und einigen Besuchen in Washington und nach dem Ausschalten der gesamten linken und rechten Oppositionspolitikern durch CIA Erpressung mit auf Video aufgenommenen Sex Skandalen wird Erdogan Premierminister. Gestützt auch durch die fundamentalistische Gülen Bewegung, deren Chef Fethullah Gülen in Pensylvania residiert. In einem riesigen Anwesen kann er wie ein Minister Gäste aus aller Welt empfangen und herrscht über ein Reich von Tausenden Privatschulen in 140 Staaten weltweit, auch in Deutschland. Dabei wird Gülen strengstens durch die CIA beschützt.

    • T
      tim
      @einTürk:

      ein türk(e), der nichts von seinem land weiß?

      die ecevit-regierung, die - wie die meisten vorgängerregierungen - korrupt bis zum bersten war, dauerte bis 2002. der irakkrieg war im darauffolgenden jahr. man muss also auf seiten der usa einen hellseher gehabt oder sie besondere kenntnisse, die sie uns hier vorenthalten, haben. ich bin neugierig, wie kommt es, dass man der akp immer vorhält, sie sei in wirklichkeit eine marionettenregierung?

      allein dieser fall zeigt doch, dass diese ermittlungen politisch und vermutlich vom ausland gesteuert sind.

      • @tim:

        @TIM

        Aha, ich lerne also in DIESEM Fall sind die Ermittlungen politisch und vermutlich vom Ausland gesteuert, ABER die Installation der AKP Regierung ist nie und nimmer vom Ausland gesteuert worden.

        Das Dollar-Papier Imperium beruht auf zwei Säulen, die eine Säule besteht aus der Dollar Presse und die andere aus der militärischen Überlegenheit. Saddam wollte sein Öl gegen Euros verkaufen. Öl gegen Dollars zu verkaufen, ist für die Amis schlimmer als eine A-Bombe auf die USA zu werfen. Diese, Saddams Absichten waren schon vor dem Einmarsch der Amis in den Irak bekannt. Oder glauben Sie, dass der Irakeinmarsch eine Spontanaktion der Amis war ? Und eine Sache noch, in Bülent Ecevits Umfeld fand man nicht Kartonweise oder meterweisese gestapelte Geldbündel. Er hat in einer Mietwohnung gelebt und hat nicht fünf Villen auf einmal gekauft. Bülent Ecevit ist einer der ehrlichsten Politiker gewesen, den die Türkei je gesehen hat.

        • T
          tim
          @einTürk:

          richtig, es gab keine installation. die akp wurde zum ärgernis der herrschenden elite+militär, das wiederum sehr sicher auslandshörig war und ist, mit überwältigender mehrheit gewählt.

          • @tim:

            Adolf Hitler wurde auch gewählt, und Mursi auch. Ich möchte Erdogan nicht mit Hitler auf eine Stufe stellen (Hitler kann man nicht so leicht "toppen"), aber beide sind gewählte Diktatoren. Demokratische Rechte sollten nur Demokraten bekommen und nicht irgendwelche Subjekte, die sie mißbrauchen, um an die Macht zu kommen, um dann als erstes die Selbige abzuschaffen. Wenn Sie von aufgeklärten Menschen ernst genommen werden möchten, sollten Sie Prinzipien IMMER und auf ALLE anwenden. Selbst wenn es in der Türkei Auslandshörigkeit gegeben hat, die ich überhaupt nicht bestreite, ist das kein Grund die Marionetten Erdogan oder Gülen zu verteidigen. Wenn Sie Negatives mit Negativem oder Unrecht mit Unrecht legitimieren wollen, sagt das Einiges über Ihre Denkweise aus. Eine Krise kann auch eine Chance sein. Ich wünsche meinem Volk, dass es lernt und die Dinge endlich besser macht und nicht immer schlechter.

            • T
              tim
              @einTürk:

              2. versuch:

              wie oft wurde adolf wiedergewählt??

              • @tim:

                TIM, was Sie und Ihresgleichen aus der Türkei machen wollen, weisst jedes Kind. Sie brauchen sich nicht krampfhaft zu winden und zu lavieren. Auch wenn Sie nicht genug Mumm haben, Ihre Absichten offen darzulegen, können Sie froh sein Ihre Absichten noch nicht umgesetzt zu haben, denn dann müssten wir jetzt einigen Ministern, deren Söhnen, dem Oberdieb und seinen Söhnen und wahrscheinlich seiner halben Sippschaft die Hände abhacken.In diesem Fall sollte man die Strafe nicht nur auf die Diebe anwenden sondern auch auf ihre Unterstützer.

                Sie werden alle noch heilfroh sein, dass es noch die laizistische Türkische Republik gibt und nicht irgendein Sultanat mit Schariagesetzen.

              • O
                Oschi
                @tim:

                @TIM Machen Sie sich schlau! Jeder in der Türkei lebende, halbwegs intelligente und aufmerksame Mensch weiss, dass bei den Wiederwahlen gefälscht wurde. Tote gaben ihre Stimmen ab und arme bauern wurden mit einem Sack Kohlen bestochen.

                • @Oschi:

                  ....oder mit ein paar Päckchen Nudeln.