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Kopfzerbrechen über Gaddafis BestattungLeichenschau in der Fleischerhalle

Der tote Gaddafi wird in Misurata gekühlt, während sich die Revolutionäre über seine Beisetzung Gedanken machen. Nähere Details über den Tod des Diktators kommen ans Licht.

Vorbei, vorbei: Zerschossenes Transparent von Gaddafi in Sirte. Bild: reuters

MISURATA/SIRTE rtr/afp | Muammar al-Gaddafi liegt in einer Tiefkühltruhe, auf einer Matratze in einem Kühlhaus im Markt von Misurata. Durch seine schwarzen Locken sieht man deutlich ein Einschussloch in seinem Schädel. "Er wird sein Recht bekommen, wie jeder Muslim", sagt am Freitag bei der Vorführung Addul-Salam Eleiwa, Kommandeur der Misurata-Brigade der libyschen Revolutionskämpfer, die Gaddafis Leiche barg und in die Stadt brachte, die während des Bürgerkrieges zum Symbol des Widerstands wurde. "Man wird seinen Körper waschen und herrichten, in Würde. Ich erwarte, dass er innerhalb von 24 Stunden auf einem muslimischen Friedhof beigesetzt wird."

Doch zunächst sind sich Libyens Regierende uneins, wie sie jetzt mit dem toten Gaddafi verfahren sollen. "Er hätte schnell begraben werden müssen, aber sie müssen sich einigen, ob das in Misurata, in Sirte oder anderswo geschieht", sagt ein hoher Militärkommandant. Ölminister Ali Tarhouni findet, man solle noch einige Tage mit der Beisetzung warten, um jederzeit Gerüchten entgegentreten zu können, dass Gaddafi gar nicht tot sei. Andere Politiker plädieren für ein Geheimbegräbnis, damit das Grab keine Pilgerstätte wird.

Offiziellen Angaben der Revolutionskämpfer zufolge wurde Gaddafi lebend aufgegriffen, als er aus Sirte zu fliehen versuchte. "Gaddafi befand sich in einem Jeep, der unter Feuer genommen wurde", berichtet Mohamed Leith, Kommandeur für Misurata-Süd. "Er stieg aus und versuchte wegzulaufen. Er versteckte sich in einem Abwasserrohr. Die Rebellen eröffneten erneut das Feuer. Er kam heraus, eine Kalaschnikow in einer Hand und eine Pistole in der andere. Er blickte sich um und fragte: ,Was ist denn hier los?' Die Rebellen schossen wieder, sie verletzten ihn an Schultern und Beinen, und er starb schließlich."

Dazu trug die Nato bei, wie aus einer am Freitag veröffentlichten Nato-Erklärung hervorgeht. Danach sei am Donnerstag ein Konvoi von etwa 75 Militärfahrzeugen in der Nähe von Sirte entdeckt worden, mit "einer erheblichen Menge von Waffen und Munition beladen". Eine Gruppe von 20 Fahrzeugen sei mit hoher Geschwindigkeit in Richtung Süden gefahren.

Nato-Flugzeuge hätten auf diese Fahrzeuge geschossen und etwa 10 davon zerstört. "Zur Zeit des Angriffs wusste die Nato nicht, dass sich Gaddafi in dem Konvoi befand", heißt es in der Mitteilung. Der Nato-Oberkommandierende US-Admiral James Stavridis will nun die Beendigung der Libyenmission.

"Sie haben ihn, er kommt!"

Die Kämpfer, die Gaddafi fassten, wurden am späten Donnerstag in einem Feldlager nahe Sirte freudig begrüßt, wie ein AFP-Reporter feststellte. "Sie haben ihn, er kommt!", ruft die Menge, als ein Konvoi von Militärfahrzeugen voll jubelnder Kämpfer einfährt. Unter Gewehrsalven und lautem Gehupe laufen Soldaten, Ärzte und Pfleger zur Einfahrt - zu spät: die Autos rasen bereits davon, in einer dichten Staubwolke.

"Sie bringen ihn direkt nach Misurata, sonst wird er gelyncht", erklärt ein Arzt. Dann entdeckt er auf einem Pick-up eine Leiche: "Das ist Abu Bakr Yunes!", ruft er. Er fühlt den Puls: Ja, der Minister ist tot. Jubelschreie dringen aus der Menge.

Vor dem Feldlazarett tragen Soldaten einen Kameraden auf den Schultern, Mohamed Schaban, er hält einen großen goldenen Revolver, sein Hemd ist blutverschmiert. "Das ist Gaddafis Pistole", ruft er. "Das ist sein Blut auf seinem Hemd. Ich werde es nie mehr waschen!"

Mansour Daou, Gaddafis Geheimdienstchef, wird auf einer Trage hereingebracht, in Uniform und leicht verletzt. Soldaten drängen sich um ihn, schimpfen, er wird geohrfeigt. "Ja, ich war mit Gaddafi, aber ich verlor das Bewusstsein, ich weiß nicht, was passiert ist", wimmert er.

Vor der Treppe liegt ein Gaddafi-Soldat, ebenfalls mit blau bemaltem Gesicht, offenbar dem Erkennungszeichen der Gaddafi-Kämpfer. Er hat seine rechte Hand verloren, er blutet stark. Ein Arzt schaut ihn angeekelt an und wirft ihm ein grünes Tuch zu. Gaddafi ist weiterhin verschwunden. "Wahrscheinlich haben sie ihn auf der Straße erschossen", sagt der Arzt und zuckt mit den Schultern.

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6 Kommentare

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  • N
    niewiedergrün

    Mit Ihrem Kommentar und speziell unter der Überschrift des Artikels sind Sie bei der reaktionären Taz wirklich gut aufgehoben.

  • J
    Jeanne

    Geht man so mit einem Gefangenen um : http://www.voltairenet.org/a171728? Tolles Fundament für einen künftigen, angeblich demokratischen Staat. Fühle mich in die französische Revolution zurückversetzt, bloss dass damals die Genfer Konvention noch nicht existierte.

    Glaubt Ihr immer noch an die Geschichte vom Volk, das sich vom Tyrannen befreien wollte? Bitte schaut Euch verstärkt auf internationalen, unabhängigen Websiten um. Etwa auf der französischsprachigen http://www.voltairenet.org/a171728.

    Übrigens verstehe ich nicht, weshalb bei der TAZ noch kein Artikel zu lesen war, in welchem die Geschehnisse in Europa und im Orient in Zusammenhang gesetzt wurden. Schliesslich geht es bei beiden "Projekten" um die Zerstörung von Nationalstaaten. Wem dient das alles?

  • M
    M.d.A.

    Hallo

     

    Mal ne Frage in die Runde geworfen!

     

    Es ist doch ein klares Kriegsverbrechen, eine sich bereits ergebene Person/Kämpfer/Soldat zuerschiesen?

     

    Oder gilt die Genfer Konvention nur für einen ausgesuchten Personenkreis?

     

    mfg aus Sachsen

  • J
    Jannis

    Irgendwie seltsam, in Zeiten in denen Handykameras 6 Megapixel haben und überall Video und Fotogeräte verfügbar sind werden die Bilder je "wichtiger" der "Tote" wird immer schlechter und immer undeutlicher.. ein Schelm wer dabei böses denkt.

  • WS
    was soll man noch sagen

    "Er hat seine rechte Hand verloren,..." und keiner hilft suchen? Nato-Aufklaerer?? Ich bin enttaeuscht!

     

    Ratlosigkeit, wo man hinschaut. Ich, 32 Jahre alt, frage mich, ob es vor 20 Jahren auch so duester in den Nachrichten aussah. Kriese, Krieg, Kriese, Krieg, Kriese, Krieg!?

    TRAURIG!

  • S
    Stefan

    ...und Hugo Chavez bedauert den Tod eines Freundes.

    Keine Angst Hugo, er hält einen Platz für dich frei.