Kopfloser Aufruhr bei der CDU in NRW: Das Echo der Nächstenliebe
Angela Merkel erntet für die Absetzung ihres Umweltministers bei der NRW-CDU Unverständnis und Entsetzen. Einen putschenden Landesverband muss sie aber nicht fürchten.
BOCHUM taz | Mit Unverständnis und Entsetzen haben führende Christdemokraten aus Nordrhein-Westfalen auf den Rausschmiss von Norbert Röttgen reagiert. „Die Entlassung erschreckt mich“, erklärte der amtierende Fraktionschef der CDU im Düsseldorfer Landtag, Karl-Josef Laumann. Er könne nicht verstehen, dass Röttgen bis zum Wahlabend „als der hervorragende Umweltminister galt, der er war“, und danach aus dem Kabinett geworfen werde, sagte er.
„Wenn jemand am Boden liegt, muss man nicht noch drauftreten“, findet auch Wolfgang Bosbach. „Ein bisschen mehr Menschlichkeit würde uns ganz gut anstehen“, kritisierte er. Selbst Bundestagspräsident Norbert Lammert hält Merkels Entscheidung für „bedauerlich“, nicht nur für das Umweltministerium, sondern „auch für die Partei“.
Röttgen war bereits nach dem Wahldesaster als Landeschef zurückgetreten. Nach heftiger Kritik etwa des bayrischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer folgte am Mittwoch sein Ende als Bundesumweltminister. Röttgen ist damit nach Rudolf Scharping (SPD) erst der zweite Bundesminister, der jemals entlassen wurde.
Vertrauter Peter Hintze
„So darf man in einer Partei mit dem C im Namen nicht miteinander umgehen“, empörte sich daher selbst CSU-Politiker Josef Göppel. Einen Putsch aus Nordrhein-Westfalen muss Merkel trotzdem nicht fürchten. Die NRW-Landesgruppe wird von ihrem Vertrauten Peter Hintze geführt.
Ihr Kanzleramtsminister Ronald Pofalla, der nun als einziger Vertreter der nordrhein-westfälischen CDU am Berliner Kabinettstisch Platz nehmen darf, dient als Beisitzer. Außerdem gelten die Christdemokraten an Rhein und Ruhr mit ihrem miserablen Wahlergebnis von 26,3 Prozent als äußerst geschwächt und führungslos: Um die Nachfolge als Landeschef rangeln Laumann und sein Stellvertreter Armin Laschet.
Nach Röttgens Rauswurf gibt es deshalb erst eine konkrete Forderung der NRW-CDU: Sollte der einstige Landeschef wie erwartet auch sein Amt als stellvertretender Bundesvorsitzender aufgeben, müsse das aus Nordrhein-Westfalen besetzt werden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos