Konzertempfehlungen für Berlin: Musikalisches Zwiegespräch
Das XJazz!-Festival ist zurück. Mit dabei: die Klarinettistin Angel Bat Dawid. Im Tiergarten musiziert David Rothenberg mit den Nachtigallen.
V ergangenen Herbst debütierte die Veranstaltungsreihe „Kultur am Dorfplatz“, nun läuft schon die zweite Runde im Friedrichshainer Nordkiez. Zum Abschlusswochenende gibt’s dort Masha Qrella. Auf ihrem Album „Woanders“ (2021) textet die Songwiterin erstmals nicht auf Englisch, sondern verpasste den Texten des Dichters Thomas Brasch einen recht soghaften klanglichen Rahmen. Wer noch nicht das Vergnügen hatten, Brasch von Qrella erschlossen zu bekommen – unbedingt hingehen! Am besten frühzeitig, schließlich ist das Ganze umsonst und drinnen. In der Galiläakirche in der Rigaer Str (29.4., 20 Uhr, Eintritt frei, weitere Infos: www.palaiswittgenstein.com).
Am Samstag spielen an gleicher Stelle dann Marc Marcovic und Derya Yıldırım. Yıldırım fusionierte mit ihrer Band Grup Şimşek westliche Psychedelik mit anatolischer Folklore, 2019 erschien ihr Solodebüt „Kar Yağar“. Hinter dem Alias Marc Marcovic verbirgt sich dagegen der umtriebige Marc Weiser, der nicht nur Musiker, sondern auch Konzertveranstalter ist. Heute aber wird er betörend klassische Gitarre spielen und dazu vielleicht in Sprachen singen, die es nicht gibt.
Offen für ungewöhnliche Verbindungen zeigte sich in der Vergangenheit stets auch das Festival XJAZZ!, das nach zwei digitalen Ausgaben ab Mittwoch (4.5.) wieder in echt lockt. Das Warm-Up findet bereits am Dienstag in der Emmauskirche statt: ein Doppelkonzert mit aktuellem Bezug. Zum einen spielt der 82-jährige Jazzklarinettist Rolf Kühn zusammen mit dem klassischen Klarinettisten Sebastian Manz, neben Sebastian Sternal am Klavier und Sebastian Studnitzky. Letzterer ist übrigens nicht nur ein bemerkenswerter Trompeter, sondern zudem künstlerischer Leiter der Festivals. Den zweiten Teil des Abends bestreitet dann die junge Berliner Band Leleka, die Jazz mit polnischer und ukrainischer Weltmusik fusioniert (3.5., 19.30 Uhr, 29 Euro, www.xjazz.net).
Ein XJAZZ!-Highlight dürfte der Auftritt einer weiteren Klarinettistin werden: der von Angel Bat Dawid. Gelegentlich tritt die Sängerin und Komponistin als Bandleaderin des Septetts „Tha Brothahood“ auf; ihr erstaunliches Solodebüt „The Oracle“ (2019) hat die Musikerin aus Chicago komplett auf dem Handy eingespielt (5.5., 19 Uhr, Emmauskirche, Tickets 23,50 Euro).
Der taz plan erscheint auf taz.de/tazplan und immer Mittwochs und Freitags in der Printausgabe der taz.
Ein paar Fahrradminuten entfernt
Wie doof, dass man nicht an zwei Orten gleichzeitig sein kann. Denn nur eine Stunde später, also eigentlich kaum zu schaffen, spielt ein paar Fahrradminuten entfernt, die Britin Emma-Jean Thackray. Der gelingen so allerhand klangliche Spagate: etwa bringt sie den Fusion Jazz der 1970er Jahre mit verspulten, detailverliebten Klangexperimenten zusammen (20 Uhr, Festsaal Kreuzberg, Tickets 23,50 Euro). Jenseits solcher FOMO-Momente bietet XJAZZ! aber sicher Gelegenheiten, sich treiben zu lassen – und auch einen Festivalpass, der das ermöglicht (139 Euro).
Wem das pandemiebedingt noch nix ist, sich mit Menschen in geschlossenen Räumen zu tummeln, kann ja durch den Tiergarten spazieren. Auch hierzu lädt ein Jazzmusiker ein, nämlich der New Yorker David Rothenberg. Im Mittelpunkt des Abends wird aber ein Wesen stehen, das von seinem Glück nichts weiß: die Nachtigall, genauer gesagt ein oder mehrere Nachtigallmännchen. Mit denen will Rothenberg – der nicht nur Musiker, sondern zudem Philosophieprofessor ist und auch die Nachtigall schon zum Forschungsobjekt gemacht hat – ins musikalische Zwiegespräch treten.
Hoffen wir mal, dass er nicht verspricht, was er nicht halten kann – immerhin sind die Vögel ja auf Brautschau. In den Tiergarten geht es allerdings erst zu vorgerückter Stunde, wenn die Vögel loslegen. Zum Auftakt am Donnerstag steht ein Film zum Thema auf dem Programm (5.5., 20 Uhr, Restaurant Weltwirtschaft im HKW, 10, erm 8 Euro).
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!