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Konzept zur GrundrenteBis zu 447 Euro monatlich mehr

SPD-Bundesarbeitsminister Hubertus Heil legt ein Konzept für eine Grundrente für Geringverdiener vor. Die Union lehnt dieses offenbar ab.

Respekt vor der Lebensleistung – das fordert Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) Foto: dpa

Berlin dpa | Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hat ein Konzept für die von der großen Koalition vereinbarte Grundrente vorgelegt und dafür umgehend Kritik aus den Reihen der Union erhalten. Es geht um ein milliardenschweres Programm, das für Millionen Geringverdiener die Rente um bis zu 447 Euro monatlich aufstocken soll, wie der SPD-Politiker der Bild am Sonntag sagte. „Sehr viele Menschen, die ihr Leben lang gearbeitet haben, landen wegen ihrer niedrigen Löhne als Rentner in der Grundsicherung. Das will ich ändern.“

Dem Koalitionspartner gehen die Vorstellungen Heils jedoch zu weit. „Die Union will, dass in Sachen Rente der Koalitionsvertrag umgesetzt wird“, erklärte der arbeitsmarkt- und sozialpolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, Peter Weiß, am Sonntag. „Was Hubertus Heil vorlegt entspricht aber nicht dem Koalitionsvertrag.“

Union und SPD hatten in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart, dass die neue Grundrente ein Alterseinkommen zehn Prozent oberhalb des Grundsicherungsbedarfs garantieren soll. Bekommen sollen sie all jene, die 35 Jahre mit Beitragszahlung, Kindererziehung oder Pflegetätigkeit aufweisen. Darauf pochte jetzt auch Weiß.

Nach den Vorstellungen von Heil soll drei bis vier Millionen Geringverdienern die Rente um maximal 447 Euro monatlich erhöht werden. Eine Bedürftigkeitsprüfung soll es nicht geben, wie er in der Bild am Sonntag erläuterte. Er rechne mit jährlichen Kosten in Höhe eines mittleren einstelligen Milliardenbetrags, sagte Heil. „Mein Ziel ist es, dass wir das aus Steuermitteln finanzieren.“ Der Unions-Sozialpolitiker Weiß verlangte dagegen, die Kosten über die Rentenversicherung zu finanzieren.

Zustimmung von Gewerkschaft und Sozialverband

Heil betonte: „Jemand, der Jahrzehnte lang hart gearbeitet hat, hat das Recht, deutlich mehr zu bekommen als jemand, der nicht gearbeitet hat. Das ist eine Frage des Respekts vor Lebensleistung.“ Wer immer nur Mindestlohn verdient habe, bekomme die höchste Aufwertung von 447 Euro. „Aber auch die Renten von Geringverdienern, die etwas über dem Mindestlohn liegen, wollen wir höher bewerten.“ Die Grundrente solle spätestens zum 1. Januar 2021 in Kraft treten. Sie werde nicht nur für Neu-Rentner, sondern auch für die bisherigen Rentner gelten. Zu 75 Prozent würden Frauen von ihr profitieren.

Von Gewerkschaftsseite erhielt Heil Zustimmung. „Wer ein Leben lang gearbeitet, Kinder erzogen oder Angehörige gepflegt hat, muss im Alter mehr haben als die Grundsicherung“, sagte DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach am Sonntag. „Der Vorschlag von Bundesarbeitsminister Heil ist ein wichtiger Beitrag dieses Ziel zu erreichen und damit Altersarmut zu vermeiden.“

Auch der Sozialverband VdK begrüßte das Konzept, das niedrige Renten aufwerte. Er kritisierte aber die „starren Zugangsvoraussetzungen“ von 35 Beitragsjahren und das Nichtberücksichtigen von Zeiten der Arbeitslosigkeit.

Einen „Schritt in die richtige Richtung“, nannte der Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag, Dietmar Bartsch, das Konzept. „Allerdings bleibt er auf halben Weg hin zu einer armutsfesten solidarischen Mindestrente von 1.050 Euro stehen.“

Der FDP-Politiker Johannes Vogel kritisierte, das Modell sei weder fair noch biete es eine zielgerichtete Hilfe gegen Altersarmut. Es sei außerdem zu teuer. Und die Finanzierungsfrage sei offenbar gänzlich ungeklärt. „Ein durchdachtes und verlässliches Modell sieht anders aus.“

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6 Kommentare

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  • Na klar, mit führenden schwarzen Nullen in der Regierung "Die Union lehnt dieses offenbar ab." und Deutschland dümmsten Großprojekt Stuttgart 21 bleibt keine Kreativität mehr übrig. Eine alte deutsche Bauernregel sagt: "Gier ,macht dumm!"



    Damit das keiner merkt, sparen wir sogar an der Bildung! BILD Dung im Wert von 10 Pfennig reicht für das Volk?

  • Man sollte diesen Vorstoß als das bewerten was er ist, nämlich Wahlkampf-Werbung für die SPD. Eine Aussicht auf Umsetzung gibt es in dieser Koalition nicht. Das weiß auch ein Herr Heil und deshalb braucht er sich um die Finanzierbarkeit auch nicht zu scheren.

    • @Januß:

      Janus, genau dies wollte ich eben kommentieren, Sie nehmen mir die Worte aus den Tasten.

  • Nach den Privatisierungen (RV/KV/Pflege...) und der massiven Umverteilung der Einnahmen aus den Lebensleistungen von Generationen (Infrastrukturen in Bund, Länder, Kommunen), kommt jetzt das Gnadenbrot?

    Es muss offenbar unbedingt vermieden werden, dass über die politischen Ursachen dieser neoliberalen Perversionen geredet wird. Denn der Unmut über die soziale Ungleichheit wächst. Wie gehabt: Ein paar Zückerchen hier (Mütterrente), ein paar Zückerchen da (Baukindergeld) um den Anschein von "sozialer Gerechtigkeit" zu wahren.

    Überschüssiges Kapital anzulegen, um es für sich "arbeiten" zulassen, ist keine Lebensleistung. Was macht z.B. die Quandt Erbin mit ihrem Gewinn aus Dividenden in 2016 in Höhe von 996 Millionen? Oder ihren allein im Jahr 2017 um 2 Milliarden angewachsenen Vermögen? Zinsrechnung, auf welche Lebensleistung sie in 2019 kommt; mit 0,025% auf ihrem Sparbuch, oder dem durchschnittlichen Renditeziel von 7,x%?

    Die "Schwarze Null" und die Schuldenbremse sorgen dafür, dass die Plünderung der realen Lebensleistungen der aktuell Beschäftigten und voriger Generationen noch mehr an Fahrt aufnehmen kann. Die Investoren finden doch kaum noch neue rentable Anlagemöglichkeiten. Auf Dauer wird es nicht ausreichen Zückerchen zu verteilen. Aber bevor es so weit ist, hat sich auch die letzte SPD Spitze in die Aufsichtsräte und Vorstände verkrümmelt, oder als Cheflobbyist gehäutet. Es muss sie dann auch nicht weiter stören, worauf sich ihre Lebensleistung gegründet hat.

    • @Drabiniok Dieter:

      Es wird doch unentwegt über das Neoliberale gelästert. Von nd, taz über sz, welt sogar bis hin zur faz kann man sich regelmäßig an einem Journalismus erfreuen der nur den Feminismus noch lieber hat als das herumhacken auf dem was man Neoliberalismus nennt. Ändert freilich nichts aber gesprochen wird doch gerne und viel drüber.

      Was ist denn für Sie eine ökonomische Lebensleistung? Gehört das eigene Einkommen pauschal dazu? Alles was sich ein Mensch in seiner Lebenszeit mit einem Startkapital von 0€ aufbauen konnte? Oder wird das irgendwo gekappt, so das alles bis 60.000€ im Jahr noch zur Lebensleistung dazu zählt und alles darüber böse Ausbeutung ist?

  • Das ist eher ein verzweifelter Versuch, die liebste Schöpfung der SPD zu retten - den Niedriglohnsektor.