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Kontroverse im Iran um die Kriegsführung

■ Der iranische Parlamentspräsident erläutert Kontroversen in der Führung / Streit um den Stellenwert der Wirtschaftspolitik

Teheran/Berlin (afp/taz) - In einem aufsehenerregenden Interview hat der iranische Parlamentspräsident Haschemi Rafsanjani das militärische Vorgehen von Iran erläutert und dabei Meinungsverschiedenheiten in der Führungsspitze über künftige Strategien offenbart. Gegenüber der iranischen Abendzeitung Etelaat führte Rafsanjani laut Radio Teheran aus, alle Führer unterstützten die Fortsetzung des Krieges - solange die innere Struktur des Landes nicht darunter leidet. Uneinigkeit herrsche allerdings bei der politischen Entscheidung für den richtigen Weg zum Sieg. „Im Militärbereich kann Iran seine derzeitige Strategie, irakisches Gebiet progressiv zu besetzen, beibehalten und das Ende abwarten. Doch diese Lösung braucht Zeit“, erklärte der einflußreiche Politiker. Mit Blick auf die Golfkrise meinte er, daß die Feinde Teherans die Zeit als Waffe gegen Iran verwenden würden. Sollte sich Iran gefährdet fühlen, könnte es jedoch zu einer Verschiebung der Prioritäten kommen. Alle zur Verfügung stehenden Kapazitäten würden dann auf die Kriegsführung verwandt, die übrigen Bedürfnisse des Landes rutschten auf Platz zwei. Rafsanjani deutete an, daß die Iraner die strategischen Punkte zwischen Basra und Bagdad besetzen und den Süden von Irak von seiner Hauptstadt abschneiden könnten. Derartige Offensiven bedürften jedoch einer Verstärkung der Armee. „Dies ist letzten Endes eine politische Entscheidung, über die wir uns nicht einig sind“,erklärte Rafsanjani. Umstritten ist offenbar, welcher Stellenwert der Wirtschaftspolitik angesichts der aufwendigen Kriegspolitk zukommt. Der Parlamentspräsident verwies in dem Interview gleichzeitig auf die Kosten des Krieges (3 Mrd. Dollar 1986) und betonte, daß eine massivere Kriegsführung die Wirtschaftskrise verschärfen und Unzufriedenheit unter der Bevölkerung hervorrufen könne.

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