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Kontrolle ist die halbe Miete

Mietervereine empfehlen, Erhöhungsverlangen genau zu prüfen, denn jedes zweite ist fehlerhaft. Auch Rückzahlungen sind möglich  ■ Von Gernot Knödler

Jede zweite überprüfte Mieterhöhung war fehlerhaft. Manchen Vermietern genügten die zum Teil gesunkenen Vergleichswerte des neuen Mietenspiegels nicht. Sie versuchten zu Lasten der MieterInnen zu tricksen. Jede Mieterhöhung, die ins Haus flattert, ist daher kritisch zu prüfen: Das ist das Fazit des Mietervereins zu Hamburg zwei Monate nach Erscheinen des neuen Mietenspiegels.

Wer einfach zustimmt, schadet nicht nur sich selbst, erläuterte der Vereinsvorsitzende Eckard Pahlke: Er treibt auch die Preise hoch, weil seine Miete in die neuen Vergleichswerte eingeht. Die meisten Fehler, so Pahlke, machten Vermieter, weil sie Wohnungsausstattungen in Rechnung stellen, die gar nicht vorhanden seien: Fahrstühle, Badezimmer, Heizungen. Hier reicht ein genauer Blick in den Mietenspiegel, um festzustellen, ob eine Erhöhung gerechtfertigt ist. Dieser lohnt auch, wenn das zur eigenen Wohnung passende Kästchen im Mietenspiegel leer ist. Sind in den benachbarten Feldern die Mieten gesunken, ist eine Erhöhung unplausibel.

Schindluder getrieben werde auch bei der Angabe der Wohnlage, die sich mit dem neuen Mietenspiegel geändert haben kann. Pahlke hielt ein zentimeterdickes Ringbuch in die Höhe: „Hier ist jedes Haus in Hamburg verzeichnet.“ Wer kostenlos reinsehen will, muss sich jedoch zur Baubehörde oder zu den Mietervereinen bemühen.

Selbst Riesenbetriebe machen Fehler: So sorgte die Saga für große Verblüffung bei ihren Mietern Cecilia und Daniel Ardiles. Kurz vor Erscheinen des neuen Mietenspiegels hatte sie die Miete des Paares erhöhen wollen. Der neue Mietenspiegel wies jedoch eine gesunkene Vergleichsmiete auf. Statt davon Notiz zu nehmen, drohte die Saga mit dem Anwalt. „Wenn selbst die Saga Fehler macht, sollte jeder Mieter seine Mieterhöhung prüfen lassen“, schlussfolgert Pahlke.

Das Gleiche rät Sylvia Sonnemann von Mieter helfen Mietern. Die Frage der formalen und inhaltlichen Berechtigung von Mieterhöhungen sei ein „schwer zu durchschauendes Feld“. Die Juristin weist darauf hin, dass es sich auch rentiert, zu prüfen, ob in den vergangenen Jahren die Miete um mehr als 20 Prozent über dem Mietspiegel lag. Bis ins Jahr 1996 könne das Geld zurückgefordert werden.

Rund 600.000 Mark habe ihr Verein allein im vergangenen Jahr an Rückzahlungen erstritten, so Sonnemann. Dazu kommt die Senkung der laufenden Miete: In einem krassen Fall habe sie sich von 1550 auf 870 Mark verringert, und der Mieter habe 24.000 Mark erstattet bekommen.

Mieter helfen Mietern hat nach Auskunft Sonnemanns mehr als 18.000 Mitglieder, der Mieterverein zu Hamburg nach eigenen Angaben etwa das Anderthalbfache. „Zur 110-Jahr-Feier am 15. April will ich das 30.000ste Mitglied begrüßen“, prahlte Pahlke.

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