Kontrolle der Förderung: Geschacher um Pfadfinder-Haus
Wegen intranspartenten Gebahrens und der Entlassung eines Mitarbeiters im Haus am Hulsberg droht der Beirat dem Bund Deutscher PfadfinderInnen Gelder zu streichen
Eigentlich sind es die Mitglieder des linksgerichteten Bundes Deutscher PfadfinderInnen, die demonstrieren - gegen Atomkraft oder Rassismus. Am Sonntag war es anders herum. 30 Eltern protestierten mit ihren Kindern vor der BDP-Mitgliederversammlung im Schlachthof. Denn im Landesverband herrscht großer Streit um das Haus am Hulsberg. So groß, dass sogar der Beirat Östliche Vorstadt droht, dafür kein Geld mehr zu bewilligen - bislang immerhin 10.000 Euro jährlich. Er fordert eine klare Strukturveränderung. Am Sonntag nun wurden die Mitgliedschaften der empörten Eltern von der BDP-Versammlung abgelehnt. Ob es reicht, die Jugendarbeit am Hulsberg in einer Arbeitsgruppe nur neu zu konzipieren, das ist unklar. "So einer Institution vertrauen wir nicht mehr", sagte Beiratssprecher Peter Rüdel (Grüne). Was war passiert?
Der Ärger begann, als im Juni dieses Jahres der Jugendreferent des BDP-Hauses am Hulsberg vom Vorstand unvermittelt entlassen wurde. Drei Tage später kündigte die zweite Mitarbeiterin - allein wollte sie nicht weitermachen. Die Gründe für die Entlassung sind unklar.
Seit 2009 hatten die beiden wieder für Leben in dem Jugendhaus gesorgt. Sie renovierten, es gab Kooperationen mit dem Sportgarten, mit der benachbarten Schule in der Stader Straße, Honorarkräfte wurden für Nachmittagsworkshops eingestellt. "Es war ein junges engagiertes Team, wir waren sehr zufrieden", sagte Käthe Protze, Elternsprecherin der Schule in der Stader Straße. Die beiden hätten viele Fragen gestellt, so Protze. Und wohl auch versucht, die Finanzen des Hauses transparenter zu machen. Nach den Sommerferien waren dann plötzlich neue MitarbeiterInnen da. "Die kannten wir überhaupt nicht", so Protze. Der Vorstand habe keine Bereitschaft gezeigt, den Personalwechsel zu erklären. Die Eltern schickten ihre Kinder nicht mehr in das BDP-Haus. Angebote mussten gestrichen werden, weil keine Kinder mehr kamen.
Protze und 28 weitere Eltern beschlossen, Mitglieder im Verein zu werden, um an Einfluss im Verband zu gewinnen. Daraufhin entschied der Vorstand, vorrübergehend überhaupt keine Mitglieder mehr aufzunehmen. Er befürchtete eine "Übernahme", sagte BDP-Landesvorstand Reto Bachmann dazu am Sonntag. Dafür erntete er Protestrufe von den Eltern, die sich mit Kindern und Plakaten in den kleinen Uhrensaal im Turm des Schlachthofes gedrängt hatten.
Ein junger Pfadfinder wandte sich an die Eltern: "Wir sind ein Jugendverband, die Betreuung Eurer Kinder ist überhaupt nicht unserer Aufgabe." Erpressung sei es, sagte jemand anderes, wenn mit dem Beirat solcher Einfluss auf Vereinsentscheidungen ausgeübt werde.
Beiratssprecher Rüdel hingegen sagte zur taz: "Es ist unverantwortlich, dass diese Arbeit zerschlagen wurde." Bereits 2008 habe der Beirat die Mittel streichen wollen. "Wir hatten uns die Einrichtung angeschaut: Das Haus lag brach", sagte Rüdel. Danach seien die beiden MitarbeiterInnen eingestellt worden. Der Verein sei zwar eigenständig, aber: "Wenn der BDP vom Beirat Geld will, soll er erklären, warum der Mitarbeiter rausgeflogen ist. Es muss nachvollziehbare, transparente Strukturen geben", so Rüdel.
Seit den 80er-Jahren sind die PfadfinderInnen in dem Haus am Hulsberg, es gehört der Stadt. Für die Arbeit gibt es pro Jahr 56.000 Euro aus der Jugendverbandsförderung. Darauf hat der BDP einen Anspruch, solange es ein Konzept gibt und nicht betrogen wird. Anders steht es um die Gelder vom Beirat - der entscheidet jährlich. Fast 10.000 Euro gab er in den letzten Jahren für das Haus. Auch das Mädchenkulturhaus gehört zum BDP. Die Gelder dafür seien nicht in Gefahr, versicherte Rüdel.
Nachdem am Sonntag die Mitgliedschaften der 29 Eltern von der Versammlung erneut abgelehnt wurden, meldete sich Ortsamtsleiter Robert Bücking zu Wort. "Das Haus am Hulsberg ist nach dieser Entscheidung massiv gefährdet." Auch im Sozialressort werde geplant, die Jugendverbandsförderung an eine Vereinbarung mit den Eltern zu knüpfen. Am 29. November entscheidet der Beirat im Controlling-Ausschuss über die Stadtteil-Mittel des nächsten Jahres.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
NGO über den Machtwechsel in Syrien
„Wir wissen nicht, was nach dem Diktator kommt“
Sturz des Syrien-Regimes
Dank an Netanjahu?
Unterstützerin von Gisèle Pelicot
„Für mich sind diese Männer keine Menschen mehr“
Schwarz-Grün als Option nach der Wahl
Söder, sei still!
Trump und Selenskyj zu Gast bei Macron
Wo ist Olaf?
Paragraf 218 im Rechtsausschuss
CDU gegen Selbstbestimmung von Frauen