Konjunkturpaket USA: Nicht kleckern, sondern klotzen
Der designierte US-Vizepräsident Joe Biden kündigt ein riesiges Konjunkturpaket an. Es soll in Infrastruktur, Energieversorgung und Gesundheitswesen investiert werden.
WASHINGTON afp Angesichts der wirtschaftlichen Talfahrt will der künftige US-Präsident Barack Obama rechtzeitig zu seinem Amtsantritt ein milliardenschweres Konjunkturpaket unter Dach und Fach bringen. Obamas designierter Vizepräsident, Joe Biden, drängte am Sonntag zur Eile, da sich die Wirtschaft in einem "viel schlechteren Zustand" befinde als angenommen. Auch Kanada greift den Autokonzernen GM und Chrysler unter die Arme.
Ein zweites Konjunkturpaket sei notwendig, um "die Wirtschaft davor zu bewahren, dass sie total baden geht", sagte Biden laut vorab veröffentlichten Auszügen seines ersten Interviews seit der Präsidentenwahl am 4. November, das ABC am Sonntag ausstrahlen wollte. Darüber seien sich alle Experten einig. Ob es nun 600 Milliarden oder 700 Milliarden US-Dollar seien - "die klare Meinung ist, dass es eine Summe sein muss, an die vor einem Jahr keiner gedacht hätte", sagte Biden weiter.
Das Wall Street Journal hatte in der vergangenen Woche berichtet, Obama plane ein Konjunkturpaket mit einem Umfang von bis zu 850 Milliarden Dollar, das sind rund 580 Milliarden Euro. Der künftige US-Präsident machte selbst bisher keine Angaben zu den Kosten. "Ich werde keine Zahlen nennen, weil wir das noch bewerten", sagte er am Freitag. Vor zwei Wochen hatte Obama für seine Mitte Januar beginnende Amtszeit das größte staatliche Investitionsprogramm seit 50 Jahren angekündigt. Insgesamt will Obama durch öffentliche Bauprojekte, Investitionen im Energiebereich und eine flächendeckende Verkabelung mit Breitbandinternet Millionen von Stellen sichern oder neu schaffen. Die US-Presse nannte am Sonntag die Zahl von drei Millionen Jobs, nachdem bisher von 2,5 Millionen die Rede war. Der Mehrheitsführer im Repräsentantenhaus, der Demokrat Steny Hoyer, hatte das Konjunkturprogramm als "Top-Priorität" der ersten 100 Tage des neuen Kongresses bezeichnet.
Kanadas Premierminister Stephen Harper kündigte am Samstag ein Hilfspaket in Höhe von 3,3 Milliarden US-Dollar für die Niederlassungen von General Motors (GM) und Chrysler in seinem Land an. Kanada und die Provinz Ontario stellen GM demnach einen Kredit von 2,5 Milliarden Dollar zur Verfügung. Chrysler soll 824 Millionen Dollar erhalten. Das Paket beinhaltet außerdem Hilfen für Zulieferbetriebe und ein Kreditprogramm für Autokäufer. Es sei ein "bedauerlicher, aber notweniger Schritt" zum Schutz der kanadischen Wirtschaft, sagte Harper.
Der scheidende US-Präsident George W. Bush hatte am Freitag einen Rettungsplan in Höhe von bis zu 17,4 Milliarden Dollar vorgestellt, der GM und Chrysler vor der drohenden Pleite bewahren soll. Chrysler und GM erhalten das Geld unter der Bedingung, dass sie bis Ende März ihre Überlebensfähigkeit unter Beweis stellen. Sonst müssen sie die Kredite zurückzahlen. Der dritte große US-Autokonzern, Ford, benötigt nach eigenen Angaben keine kurzfristige Hilfe.
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