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Konjunktur drängt Schwarzarbeit zurückWenn die Putzfrau bar bezahlt wird

Schwarzarbeit ist auch in Deutschland Usus. In Zeiten steigender Einkommen verliert sie etwas an Bedeutung. Doch wie steht es mit Schwarzarbeit von Flüchtlingen?

Fast 7.000 Zollbeamte werden zur Schwarzarbeit-Bekämpfung eingesetzt Foto: dpa

Tübingen/Linz dpa | Die illegale Beschäftigung in Deutschland ist einer Studie zufolge dank der guten Konjunktur etwas rückläufig. Der Anteil der sogenannten Schattenwirtschaft an der Wirtschaftsleistung werde 2016 schätzungsweise um 0,4 Prozentpunkte auf 10,8 Prozent sinken, heißt es in der am Dienstag veröffentlichten Studie des Tübinger Instituts für Angewandte Wirtschaftsforschung (IAW) und der Universität Linz.

„In der guten Wirtschaftslage verdienen die Beschäftigten mehr, ihr Stundenlohn steigt oder sie können bezahlte Überstunden machen“, sagt Studienautor Friedrich Schneider. „Dadurch wollen weniger Menschen in ihrer Freizeit schwarzarbeiten.“

Der Anteil am Bruttoinlandsprodukt wäre damit so niedrig wie noch nie seit Beginn der Studienstatistik 1995. In der Schattenwirtschaft werden der Schätzung zufolge in diesem Jahr Leistungen im Wert von 336 Milliarden Euro erbracht, 3,35 Milliarden Euro weniger als 2015. Unter Schattenwirtschaft versteht man Schwarzarbeit – also zumeist Bezahlung in bar ohne Rechnung –, aber auch andere Formen der illegalen Beschäftigung, etwa wenn osteuropäische Subunternehmer auf deutschen Baustellen den Mindestlohn unterschreiten.

Der Rückgang der Schwarzarbeit könnte den Studienautoren zufolge allerdings durch den Flüchtlingszuzug abgebremst werden. Sie rechnen verschiedene Modelle durch, denen zufolge zwischen 100.000 und 300.000 Flüchtlinge illegal beschäftigt sein werden, etwa als Putzkraft oder Hilfsarbeiter auf dem Bau. „Wegen der fehlenden Deutschkenntnisse vieler Schutzsuchender ist es wahrscheinlich, dass es zunächst Jobs im Niedriglohn-Sektor sein werden“, sagt Schneider.

Am plausibelsten sei wohl die Zahl 300.000. Das entspräche einer Wertschöpfung von 2,16 Milliarden Euro. „Die Flüchtlinge sind monatelang in ihren Unterkünften zum Nichtstun verdammt, also ist es doch naheliegend, dass sie irgendwann raus wollen und sich als Schwarzarbeiter verdingen“, sagt der Linzer VWL-Professor.

Arbeitserlaubnis für Flüchtlinge

Schneider und Co-Autor Bernhard Boockmann appellierten an die Politik, eine rasche legale Beschäftigung zu ermöglichen. „Man sollte darüber nachdenken, Flüchtlingen schnell eine zeitlich begrenzte Arbeitserlaubnis zu erteilen“, sagt Schneider. Eine solche eingeschränkte Erlaubnis könnte zunächst für einfache Tätigkeiten gelten. Später könnten die Flüchtlinge die Erlaubnis erhalten, auch höherwertige Stellen anzutreten, wenn Qualifikationen nachgewiesen seien, etwa als Handwerker, Arzt oder Verkäufer.

Klaus Salzsieder von der Generalzolldirektion in Bonn verweist darauf, dass der Umfang der Schwarzarbeit nicht genau bekannt sei. Es sei aber klar, dass sie ein großes Problem sei – der Zoll habe die Anzahl der Kräfte zur Schwarzarbeit-Bekämpfung in gut zehn Jahren auf knapp 7.000 mehr als verdoppelt (2004: 3000). Dies liege auch an neuen Aufgaben, etwa Kontrollen zur Einhaltung des Mindestlohns.

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3 Kommentare

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  • 7G
    738 (Profil gelöscht)

    Keiner weiß doch genau, wie viel Schwarzarbeit geleistet wird. Die ganzen volkswirtschaftlichen Berechnungsmodelle scheitern eben daran, dass keine Daten vorliegen. Solange man nicht einmal weiß, wie viele Flüchtlinge in Deutschland leben sind alle Zahlen sowieso Makulatur.

  • Natürlich werden Flüchtlinge, wie andere auch, schwarz arbeiten. Sie dürfen ja nicht. Es sei ihnen gegönnt. Aber dann hat man sie trotzdem anständig zu bezahlen. Deshalb sollte der Gesetzgeber angehalten werden, die Auftraggeber zw. "ausbeuterischer" und "einfacher" illegaler Beschäftigung zu unterscheiden.

  • Einige auf Möbel spezialisierte große Firmen müssen sich dann nur wenig umstellen. Anstatt eine teure Schrankwand am Stück zu verkaufen, werden dann eben Schrankkörper, Türen, Einlagebretter Rückwand u. a. jeweils gesondert verkauft - gegen Bargeld, weil so der Grenzbetrag nicht erreicht wird. Bei Autos wird das schon etwas schwieriger, aber Not macht erfinderisch.