Konflikte an syrisch-israelischer Grenze: Waffenstillstandslinie unter Beschuss

Die Spannungen zwischen Syrien und Israel infolge des syrischen Bürgerkriegs nehmen zu. Auf den Golan-Höhen ist es vermehrt zu Schusswechseln gekommen.

Israelisches Militär auf den Golan-Höhen: Man sei auf alle Szenarien in Syrien vorbereitet, hat Regierungschef Netanjahu am Sonntag erklärt. Bild: dpa

JERUSALEM/BEIRUT/ISTANBUL/BRÜSSEL rtr/ap/dpa/afp | Die Spannungen im syrisch-israelischen Grenzgebiet nehmen zu und verstärken die Sorge vor einem Übergreifen des syrischen Bürgerkriegs auf die Nachbarländer. Erstmals erklärte die syrische Armeeführung am Dienstag, ihre Einheiten hätten ein israelisches Fahrzeug zerstört, das über die Waffenstillstandslinie auf den Golan-Höhen auf syrisches Staatsgebiet vorgedrungen sei. Eine Sprecherin der israelischen Armee dementierte diese Darstellung umgehend.

Sie bekräftigte die frühere Erklärung der Armee, wonach am frühen Morgen ein Militärfahrzeug auf israelischem Gebiet auf den Golan-Höhen aus Syrien unter Feuer genommen worden sei. Das Fahrzeug sei beschädigt worden, Verletzte habe es aber nicht gegeben.

Die Soldaten hätten das Feuer erwidert. Die israelische Armee erklärte, sie verfolge die Entwicklung mit Sorge. Nach einem Bericht des Armeerundfunks wurde bereits den dritten Tag in Folge von Syrien aus auf die von Israel annektierten Golan-Höhen geschossen.

Ein Übergreifen des syrischen Bürgerkriegs auf die Nachbarländer gilt als eine der größten Sorge der Staatengemeinschaft. Israel hat sich das Recht vorbehalten, gegen Waffenlieferungen der syrischen oder iranischen Regierung an die radikale libanesische Hisbollah-Miliz militärisch vorzugehen. Hisbollah gilt als verlängerter Arm des Iran und kämpft vom Libanon aus gegen Israel. Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu hat zuletzt am Sonntag erklärt, Israel sei auf alle Szenarien in Syrien vorbereitet.

Wichtiger strategischer Vorposten

Seit der Eskalation des Bürgerkrieges im Nachbarland waren in den vergangenen Monaten immer wieder Querschläger aus Gefechten zwischen Rebellen und syrischer Armee auf dem Golan eingeschlagen. Auch islamistische Rebellen hatten angekündigt, die Gebiete zurückerobern zu wollen und zur Untermauerung auf den nur dünn besiedelten Höhenzug gefeuert.

Israel hatte die Golanhöhen im Norden des Landes im Sechstagekrieg 1967 von Syrien erobert und später seinem Staatsgebiet zugeschlagen. Sie sind heute ein wichtiger strategischer Vorposten zu Syrien und zudem ein bedeutender Wirtschaftsfaktor für Landwirtschaft, Weinbau und Tourismus.

Über 100 Tote in Kussair

Weiterhin sind bei den Kämpfen um die Rebellen-Hochburg Kussair nahe der Grenze zum Libanon drei Mitglieder der radikal-schiitischen Hisbollah-Miliz ums Leben gekommen. Sie starben am Dienstag an ihren Verletzungen in einem Krankenhaus im Libanon, wie das syrische Beobachtungszentrum für Menschenrechte in London mitteilte.

Damit kamen 31 Mitglieder der im Libanon ansässigen und mit Syriens Präsident Baschar al-Assad verbündeten Hisbollah-Miliz in den zweitägigen Kämpfen um Kussair ums Leben. Syrische Regierungstruppen hatten die Rebellen-Hochburg seit Wochen belagert und am Sonntag mit Panzern und Kampfjets angriffen. Bei den Gefechten kamen nach Angaben der Aktivisten auch mindestens 68 syrische Rebellen ums Leben.

Derweil prüft die Europäische Union offiziell, den militärischen Arm der libanesischen Hisbollah-Bewegung auf die EU-Terrorliste zu setzen. Den Antrag auf den Beginn eines solchen Verfahrens stellte Großbritannien, wie ein EU-Diplomat am Dienstag in Brüssel sagte. Die EU-Terrorliste wurde als Reaktion auf die Terroranschläge am 11. September 2001 in den USA geschaffen, die Vermögen der darauf geführten Gruppen und Personen in der EU werden eingefroren, ihre finanzielle Unterstützung ist verboten.

Auspeitschungen in der Provinz Idlib

In der syrischen Provinz Idlib sind zwei Männer ausgepeitscht worden, nachdem sie von einem selbst ernannten islamischen Gericht schuldig gesprochen worden waren. Die Organisation Syrischer Menschenrechtsbeobachter berichtete am Dienstag, die Auspeitschung habe am vergangenen Samstag auf einem öffentlichen Platz in der von Rebellen kontrollierten Ortschaft Sarakib stattgefunden.

Auf einer im Internet veröffentlichten Videoaufnahme ist zu sehen, wie ein bärtiger Mann verkündet, einer der Männer solle 50, der andere 40 Peitschenhiebe erhalten. Danach werden die „Urteile“ des „Scharia-Gerichts“ sofort vollstreckt.

Das „Vergehen“ der Ausgepeitschten: Der Vater soll dem anderen Mann erlaubt haben, seine Tochter zu heiraten, obwohl seit deren Scheidung noch keine drei Monate vergangenen waren. Der Islam sieht vor, dass ein Paar, nachdem die Scheidung ausgesprochen ist, noch drei Monate unter einem Dach lebt.

Damit soll eine mögliche Versöhnung begünstigt werden. Außerdem soll ausgeschlossen werden, dass eine Frau erneut heiratet, während sie ein Kind aus der ersten Ehe erwartet. Körperstrafen, wie sie etwa in Saudi-Arabien angewandt werden, hat es in Syrien bisher nicht gegeben.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.