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Konflikt zwischen Israel und IranEskalation auf dem Golan

Die Lage zwischen Israel und Iran ist angespannt. Nach dem Ausstieg der USA aus dem Atomdeal mit Teheran kam es zum militärischem Schlagabtausch.

Ein israelisches Raketenabwehrgerät auf den Golan-Höhen Foto: reuters

Tel Aviv/Jerusalem/Beirut/Damaskus dpa/rtr | Der Konflikt zwischen Israel und dem Iran ist in der Nacht zum Donnerstag gefährlich eskaliert. Iranische Streitkräfte griffen erstmals von Syrien aus israelische Militärposten an, wie der israelische Armeesprecher Jonathan Conricus mitteilte. 20 Raketen hätten die Quds-Brigaden, die Eliteeinheit der iranischen Revolutionsgarden, auf die Golanhöhen abgefeuert. Israels Luftwaffe habe daraufhin Dutzende iranische Militärziele in Syrien angegriffen.

Die Quds-Brigaden hätten Raketen des Typs Grad und Fadschr-5 eingesetzt, sagte der israelische Armeesprecher. „Wir sehen diese iranische Attacke auf Israel als sehr schwerwiegend an.“ Keine der auf die Golanhöhen abgefeuerten Raketen habe ihr Ziel getroffen. Mehrere seien von der israelischen Raketenabwehr abgefangen worden. Es habe auch keine israelischen Opfer gegeben.

In Syrien sind Menschenrechtlern zufolge mindestens 23 Menschen getötet worden. Bei den Opfern der Bombardements in der Nacht zum Donnerstag habe es sich um fünf syrische Soldaten und 18 Kämpfer syrischer Verbündeter gehandelt, berichtete die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte. Die angegriffenen Ziele im Süden und Zentrum des Landes seien Stellungen der libanesischen Schiitenmiliz Hisbollah und der syrischen Armee. In einer von ihnen hätten sich auch iranische Kämpfer aufgehalten.

Die israelischen Luftangriffe in Syrien gehörten zu den „größten, die Israels Armee gegen iranische Ziele unternommen hat“. Man habe dem iranischen Militär schweren Schaden zugefügt. Es seien Einrichtungen des Geheimdienstes, der Logistik, Militärposten, Lagerräume und Spähposten getroffen worden. Man habe auch das Gefährt zerstört, von dem aus die Raketen auf die Golanhöhen abgefeuert wurden. Es habe sich in 30 bis 40 Kilometern Entfernung von Damaskus befunden.

Die syrische Luftabwehr habe israelische Flugzeuge beschossen, aber nicht getroffen. „Wir haben die Syrer gewarnt, sich nicht einzumischen, aber sie haben es trotzdem getan.“ Israel sei „auf verschiedene Szenarien vorbereitet“, sagte Conricus. „Wir sind nicht an einer Eskalation interessiert, aber weitere Versuche, Israel zu attackieren, werden eine schwerwiegende Reaktion zur Folge haben.“ Man habe Russland vor dem Angriff in Syrien informiert.

Berlin betont Israels Recht auf Selbstverteidigung

Die Angriffe erfolgten einen Tag nach dem Ausstieg der USA aus dem Atomabkommen mit dem Iran. Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu hatte am Mittwoch auch den russischen Präsidenten Wladimir Putin besucht. Dieser hatte angesichts der zunehmenden Spannungen zwischen Israel und dem Iran zu einer Lösung des Konflikts aufgerufen.

Die Bundesregierung in Berlin hat besorgt auf die Berichte über iranische Raketenangriffe auf israelische Armeeposten reagiert. „Diese Angriffe sind eine schwere Provokation, die wir auf das Schärfste verurteilen“, erklärte das Auswärtige Amt am Donnerstag auf Twitter. „Israel hat, das haben wir immer betont, ein Recht auf Selbstverteidigung.“

Mit Hinweis auf Warnungen vor einem iranischen Angriff von Syrien aus hatte Israels Armee schon am Dienstag Reservisten mobilisiert. Die Armee hatte zudem Ortschaften auf den Golanhöhen angewiesen, die Luftschutzbunker zu öffnen. Israel hatte die Golanhöhen 1967 erobert und später annektiert. Die Armee wies die Einwohner der Golanhöhen am Donnerstag an, ihrer normalen Routine nachzugehen. Schulen und Kindergärten blieben geöffnet.

Die staatliche syrische Nachrichtenagentur Sana meldete, bei den israelischen Angriffen seien unter anderem Einheiten der Luftverteidigung, eine Radarstation und ein Munitionslager getroffen worden. Syriens Luftabwehr schoss demnach Dutzende israelische Raketen ab. Die meisten hätten ihr Ziel nicht erreicht, berichtete Sana.

Auch in der Nacht zuvor wurde ein mutmaßlicher israelischer Raketenangriff auf Ziele in Syrien gemeldet. Dabei kamen nach Angaben der in London ansässigen Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte mindestens 15 Menschen ums Leben. Der Angriff habe einem Waffenlager der iranischen Revolutionsgarden gegolten.

Teheran ist neben Russland und der libanesischen Schiitenmiliz Hisbollah wichtigster Verbündeter des syrischen Staatschefs Baschar al-Assad. Der Iran hat nach israelischen Angaben in den vergangenen Monaten seine militärische Präsenz im Land weiter ausgebaut. Israel wird für Luftangriffe in Syrien verantwortlich gemacht, bei der auch Iraner getötet wurden. Teheran drohte mit Vergeltung.

Der israelische Verteidigungsminister Avigdor Lieberman vorerst nicht von weiteren Angriffen aus. „Ich hoffe, wir haben dieses Kapitel beendet und jeder hat die Botschaft verstanden“, sagte Lieberman am Donnerstag auf einer Sicherheitskonferenz in der Nähe von Tel Aviv.

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17 Kommentare

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  • Man würde sich hier von der gesamten deutschen Presse mal ein bisschen Seriosität wünschen. Wenn eine Kriegspartei mitteilt, sie habe auf einen Angriff reagiert und massiv den Feind bombardiert, könnte man ja mal, bevor man etwas von "Eskalation" schreibt, oder von "Reaktion", zunächst mal recherchieren, ob der angebliche Angriff nicht ein Vorwand ist. Aber bei militärischen Aktionen seitens westlicher Staaten wird immer deren Sprachregelung von der Presse übernommen. Auch von der taz. Dabei liegt der Verdacht einer gewissen Choreografie doch hier wirklich nahe. Erst die seltsame Netanjahu-Show, die an die Colin-Powell-Show vorm Irak-Krieg im Sicherheitsrat erinnert, kurz darauf die pompöse Trump-Pressekonferenz zum Rückzug aus dem Atomabkommen, und kurz darauf die massivsten israelischen Angriffe auf Syrien, die es bisher gab. Kein seriöser Journalist kann hier einfach die Sprachregelungen Israels übernehmen ohne vorher mal gründlich zu recherchieren. Aber wo gibts noch seriöse Journalisten...

  • Echt schlimm, was da im Nahen Osten abgeht! ..einerseits die militärischen Mächte, stagniert in ihrer Politik der "absoluten Macht" und Rechtmässigkeit in ihrer religiöser Logik .. andererseits abhängig von den Technologien ihrer Waffenschmieden... und vieles, was dem Zivilen Glück und dem Frieden der Nationen dort dienen sollte, geht zu Bruch! Israel, mit dem semitisch religiösen Axiom der `Selbstverteidigung´ des "Auge um Auge, Zahn um Zahn" steht der zerstörerischen religiösen Logik der `Selbstverteidigung´des Iran gegenüber ! Beide Opponenten stagnieren geistig in ihren agressiven, defensiven historisch regionalen und provinziellen Kampfkulturen.

    Reine, dumme.. Selbstzerfleischung im

    Namen historisch überholter Dinge ist das! Die Jugend Israels als auch die Jugend des Iran hat keinen Bock auf diesen Scheiss von Krieg! Die, bisher in Macht stagnierten Herren dieser Feindschaft, und deren Diener und Knechte, "müssen" sich notwendigerweise emanzipieren und sich der Kultur des Friedens und den Glück des "Zivilen Lebens" zuwenden..!

  • Man hilft sich gegenseitig. Die einen Schergen halten die anderen Schergen an der Macht = win:win.

    Verlieren tun - wie immer - die jeweiligen Bevölkerungen.

  • Das Israel seit letzter Woche Syrien bombardiert wird nicht erwähnt

    • 6G
      60440 (Profil gelöscht)
      @Struppi:

      Seit letzter Woche ?

    • @Struppi:

      Iranische Stellungen, die jetzt Israel bombardieren.

      • @Nicky Arnstein:

        SO kann mann sich auch in die tasche lügen.

        • @christine rölke-sommer:

          Können Sie eigentlich auch argumentieren oder nur diffamieren?

  • Der erste militärische Angriff Irans auf israelisches Territorium.

     

    Hoffentlich zieht Iran aus der massiven Antwort Israels die Lehre, es nicht noch einmal zu versuchen.

    • @kdw59:

      Offiziell gehören die Golanhöhen immer noch zu Syrien.

      Völkerrechtlich eine interessante Frage, ob Isral da das Recht hat zurück zu schlagen.

      • @JoWall:

        Auch wenn es vielen Leuten nicht gefällt, fact on the ground ist, dass der Golan seit einem halben Jahrhundert zu Israel gehört, ebenso wie Jerusalem Israels Hauptstadt ist (schönen Gruß an Andreas Zumach).

        • @kdw59:

          Das mit 'Fact on the ground' stimmt wohl. Mir ging es um die Frage, ob ein Angriff auf ein illegal annektiertes Gebiet als Angriff auf Isreal gewertet werden kann und völkerrechtlich ein Gegenschlag legetim ist.

          Formal gesehen wurden von Syrien aus doch Raketen auf Syrien abgefeuert.

        • @kdw59:

          Dieses Land/diese Stadt gehört auch in 10000 Jahren noch nicht Israel. Es ist einfach illegal besetzt. Punkt. Genauso wie Krim, Tibet,...

          • @danny schneider:

            Aus Wiki: »Eine jüdische Besiedlung der Golanhöhen reicht bis in die Antike zurück....Unter dem politischen, wirtschaftlichen und religiösen (vor allem im Byzantinischen Reich) Druck der herrschenden Mächte schwand, wie überall im Nahen Osten, die jüdische Bevölkerung. Das Gebiet wurde von Arabern und Drusen besiedelt. Um 1900 wurden auf den Golanhöhen jüdische Siedlungen gegründet. 1923 wurden in einem Abkommen zwischen England und Frankreich die Golanhöhen vom britischen Mandatsgebiet Palästina abgetrennt und dem französischen Mandatsgebiet Syrien und Libanon angeschlossen....Die Golanhöhen wurden von Syrien als militärischer Stützpunkt genutzt, von dem aus immer wieder israelische Gemeinden beschossen wurden.«

             

            Halten wir fest: Die Golanhöhe "gehörten" den Engländern, die sie dann den Franzosen schenkten, welche dann von den Syrern einverleibt wurden. So wie Jerusalem von den Jordaniern. Die Ureinwohner sind Juden gewesen, die nach der Vertreibung nun wieder zurückgekehrt sind. Illegal besetzt waren die Golan-Höhen von den Syrern.

          • @danny schneider:

            Also Israel gehört nicht Israel? Hä?

  • a.) gibt es glaubwürdige Zeugen für diese "angeblichen" iranischen Angriffe?

    b.) was hätte Iran davon?

    • 6G
      61321 (Profil gelöscht)
      @danny schneider:

      Da sitzen immer noch Blauhelme. Sollten die in so einem Fall nichts mitbekommen (wollen), kann man sie abziehen