Konflikt in der Ukraine: Verwirrung um Panzerkolonne
Der nationale Sicherheitsrat in Kiew hat die Meldungen über einen russischen Militärkonvoi im Osten des Landes nicht bestätigt. In Donezk starben drei Zivilisten.
KIEW afp/dpa | Im Ukraine-Konflikt hat der nationale Sicherheitsrat in Kiew Berichte über einen angeblichen russischen Militärkonvoi nicht bestätigt. Von einer Panzerkolonne aus 100 Fahrzeugen im Grenzgebiet sei nichts bekannt, sagte Sprecher Andrej Lyssenko am Mittwoch in der ukrainischen Hauptstadt. „Heute haben wir dort keine Bewegung einer Kolonne festgestellt“, betonte er. Zuvor hatte das Pressezentrum der militärischen „Anti-Terror-Operation“ gegen prorussische Separatisten mitgeteilt, ein solcher Konvoi sei nahe der Ortschaft Telmanowe gesehen worden.
Kiew meldete zudem, ein Bataillon russischer Soldaten habe in der Nähe des Dorfes Pobeda rund 50 Kilometer südlich von Donezk einen Stützpunkt errichtet. Wie Militärsprecher Andrij Lysenko sagte, drang zudem eine Kolonne aus fünf Truppentransportern und einem Lastwagen in die Stadt Amwrosijiwka 25 Kilometer nordöstlich von Pobeda ein. Zudem hatte die Regierung in Kiew auf ukrainischem Territorium festgenommene russische Soldaten bei einer „Pressekonferenz“ vorgeführt.
Sichtlich eingeschüchtert sagte einer der Gefangenen: „Wir sind uns bewusst, dass alles in Wirklichkeit nicht so ist, wie es das russische Fernsehen zeigt.“ Ihm sei nun erklärt worden, dass die Ukraine von russischem Boden aus beschossen werde. „Wenn tatsächlich die russischen Streitkräfte schießen, dann kann ich nur um eines bitten: Jungs, das ist nicht nötig. Diesen Krieg brauchen wir nicht“, appellierte der russische Soldat, wie das Internetportal Ukrainskaja Prawda am Mittwoch berichtete.
Das ukrainische Militär hatte die Fallschirmjäger nach eigenen Angaben etwa 20 Kilometer im Landesinneren festgenommen – kurz vor einem Krisentreffen zwischen den Poroschenko und Putin in Minsk am Dienstag. Putin bestätigte, dass russische Soldaten bei einer Patrouille auf ukrainisches Gebiet gelangt seien. Auch die Soldaten räumten ein, sie hätten nicht bemerkt, die russisch-ukrainische Grenze überschritten zu haben. Russische Medien berichteten zudem über die Beerdigung zweier in der vergangenen Woche in der Ostukraine getöteter russischer Fallschirmjäger.
Russlands Außenminister Lawrow betonte am Mittwoch, Moskau habe „kein Interesse“ an einem Auseinanderbrechen der Ukraine. Russland sei aber daran interessiert, dass es dort weiterhin „eine große russische Bevölkerung“ gebe, damit die Ukraine für Russen ein „angenehmes“ Land bleibe. Ein geplanter zweiter russischer Hilfskonvoi für die notleidende Bevölkerung in der Ostukraine solle „nicht der letzte“ bleiben.
Bei den Kämpfen zwischen ukrainischen Regierungstruppen und prorussischen Separatisten wurden schon mehr als 2.200 Menschen getötet. Auch am Mittwoch gingen die Kämpfe weiter. Binnen 24 Stunden seien 13 Soldaten getötet worden, hieß es aus Kiew. Die Stadtverwaltung von Donezk meldete den Tod von drei weiteren Zivilisten. Nach Angaben eines Polizisten wurden zudem drei Insassen eines Autos getötet, das in der Innenstadt von Granatsplittern getroffen wurde.
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