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Konflikt im OstkongoKein Frieden, kein Krieg

Die M23-Rebellen verkünden ihren Rückzug aus den Friedensgesprächen mit der Regierung. Die war aber schon längst ausgestiegen. Nun will die UNO die Wogen glätten.

M23-Rebellen beim Rückzug aus Goma, 1. Dezember. Gehen die Kämpfe bald wieder los? Bild: ap

BERLIN taz | Im Osten der Demokratischen Republik Kongo stehen die Zeichen wieder einmal auf Sturm. Die Rebellenbewegung M23 (Bewegung des 23. März), die wichtige Teile der Provinz Nordkivu an den Grenzen zu Ruanda und Uganda kontrolliert, erklärte am Mittwochabend den Abbruch der Friedensgespräche mit Kongos Regierung, die mit Unterbrechungen seit Dezember in Ugandas Hauptstadt Kampala laufen.

Als Grund nannte M23-Chefunterhändler René Abandi die beginnende Stationierung einer neuen Kampftruppe der UNO im Ostkongo. Dies ermutige Kongos Regierung zu einer militärischen Lösung. „Sie kommen mit einem Angriffsmandat, das ist nicht gut“, sagte Abandi. „Wir hoffen, dass die Regierung später begreift, dass Krieg die Probleme im Ostkongo nicht lösen kann.“

Die Gespräche in Kampala hatten bisher sowieso nichts gebracht. Die Regierungsdelegation war schon vor Ostern abgereist und ist bisher nicht zurückgekommen. Die Rebellen waren dageblieben und sprachen mit der ugandischen Vermittlung.

Gegenüber AFP präzisiete M23-Präsident Bertrand Bisimwa, man werde erst wieer an den Verhandlungstisch zurückkehren, "wenn - und nur wenn - die Regierung zustimmt, sofort mit uns einen Waffenstillstand zu schließen, um die militärische Eskalation zu beenden". Es seien Regierungstruppen im Anmarsch auf M23-Positionen, "und wir wissen nicht, mit welcher Intention".

Gemäßigte Linie nicht honoriert

Die M23, vor einem Jahr von aus Kongos Armee ausgetretenen Tutsi-Generälen gegründet, hatte im November 2012 Nordkivus Provinzhauptstadt Goma eingenommen. Sie zog sich erst wieder zurück, nachdem Kongos Regierung Verhandlungen zusagte, gemäß einem Friedensplan der in der Internationalen Konferenz der Region der Großen Seen (ICGLR) zusammengeschlossenen Nachbarstaaten.

Mitte März hatte M23-Militärführer Sultani Makenga in einem internen Machtkampf die Kontrolle über die Bewegung übernommen. Er gilt als Vertreter eines gemäßigteren Flügels, der mit Kongos Regierung eine Verhandlungslösung sucht, die ihm und seinen Kameraden eine Führungsrolle in Kongos Armee geben würde. So zog er seine Truppen etwas weiter von Goma zurück, nachdem sie zuvor direkt am Stadtrand gestanden hatten.

Doch daraufhin beschloss der UN-Sicherheitsrat, in Goma eine „Interventionsbrigade“ zum Kampf gegen die M23 zu stationieren. Die Truppe soll „in einer robusten, hochmobilen und vielfältigen Manier die Ausbreitung aller bewaffneten Gruppen verhindern, diese Gruppen neutralisieren und sie entwaffnen“, heißt es in der UN-Resolution 2098 vom 28. März.

Nach UN-Angaben werden Südafrika, Tansania und Malawi je 850 Infanteristen stellen. Dazu kommen 529 Soldaten für Spezialkräfte, Aufklärung und Artillerie. Sie sollen im Mai in Goma eintreffen.

Rebellen sehen UN-Plan als Kriegserklärung

Es verwundert kaum, dass die M23 das als Kriegserklärung auffasst, zumal es im Widerspruch zum Friedensprozess steht. Man werde sich verteidigen und, da die Brigade Teil der UN-Mission sei, dabei nicht zwischen der Brigade und anderen UN-Truppen unterscheiden, schrieb M23-Präsident Bertrand Bisimwa Mitte April an UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon.

M23-Militärsprecher Vianney Kazarama sagte diese Woche, man sei dabei, Hunderte Soldaten darin auszubilden, „wie zu reagieren ist, falls die Brigade sie jagt, und wie man Hinterhalte legt“. Andere Rebellenvertreter tönten sogar, man sei in der Lage, Goma „innerhalb von 30 Minuten“ erneut einzunehmen.

Nun will die UNO die Wogen glätten. Die neue UN-Sonderbeauftragte für das Afrika der Großen Seen, Mary Robinson, erinnerte bei ihrem Antrittsbesuch in Goma am Dienstag an das „Rahmenabkommen“. Das hatte Kongos Regierung im Februar im Rahmen der Afrikanischen Union geschlossen, und darin ist von international überwachten politischen Reformen die Rede.

Von Kongos Regierung ist zu all dem nichts zu hören, außer dass in der Hauptstadt Kinshasa auch keine Rede mehr von einer Rückkehr an den Verhandlungstisch in Kampala ist. Offizielle Position ist, dass die M23 sich aufzulösen habe. Regierungssprecher Lambert Mende sagte zu den jüngsten Vorwürfen der Rebellen, diese entbehrten jeder Grundlage.

Beobachter bezweifeln zwar, dass die neue UN-Brigade wirklich die M23 angreifen wird, faktisch die stärkste Armee Ostkongos. Es glaubt auch kaum jemand, dass die M23 per Präventivschlag Angriffe auf sich provozieren möchte. Doch von Frieden redet derzeit auch niemand.

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2 Kommentare

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  • M
    magy

    Friedensabkommen, wenn sie denn beabsichtigt sind, wären eine gute Sache für Frieden. Wie ich aber den Kongo kenne wie auch die Meinung der Kongolesen dazu, werden an einen Friedensvertrag immer Forderungen geknüpft, sei es eine neue Grenze ziehen, sei es Gebiete wo reichlich Erdschätze sind an die jeweiligen Rebellen abzutreten. Immer geht es um Geldgier, nicht um Frieden oder die Menschen die so lange schon leiden. Steuern an den Kongo zahlen,wozu das denn, geht ja auch so.

     

    Je mehr an Erdschätzen abgetreten wird, desto ärmer wird die Bevölkerung, dann bleibt nur noch ein wenig Holzfläche und da sitzen die Plünderer aus Europa. So kann man den Kongo auch ruinieren.

     

    Wer profitiert sind die, die was zu sagen haben, die hatten vor Kabila auch schon immer die Taschen voll und viel Geld ins Ausland geschafft. Bestes Beispiel ist Mobutu dem ein Vermögen von mindestens 4 Milliarden Dollar zugeschrieben wird, was jetzt seine Kinder verprassen können, Kabila war ja nicht in der Lage das geklaute Geld einzufordern und damit was sinnvolles zu tun. Es war schon von 13 Milliarden die Rede, die sich Mobutu angeeignet hat durch Diamanten.

     

    Heute ist es so, wer es mit Kabila gut kann (siehe Gertler der reichste Mann der Welt der mit Diamanten aus dem Kongo sehr reich geworden ist), wer gute Verbindungen zu irgendwelchen Ministern hat oder damit verwandt ist und mit denen wiederum "befreundet" ist, dem geht es richtig gut.

     

    Korruption kann nur aufhören, wenn das Volk es wirklich will, schrieb mal jemand. Aber im Kongo kommt man nur dann zu etwas, wenn man korrupt ist, oder bei der armen Bevölkerung wenn man noch was zu tauschen hat. Korruption, Diebstahl und Gewalt hat man den Menschen über Jahrzehnte vorgelebt. Wie sonst hätte es funktionieren können den Kongo so auszuplündern bis heute und dafür Millionen Kongolesen ermordet, gefoltert, enteignet, Hände abgehackt.

     

    Was Kabila betrifft bin ich längst der Ansicht, das der die Drecksarbeit vom Ausland erledigen läßt, das kostet ihm kein bares Geld und Erdschätze sind ja genug da, die man für die "Hilfe" damit zahlen und dabei riesige Gewinne machen kann weit weg vom Kongo.

     

    Schon Kabila sen. hat sich von USA helfen lassen an die Macht zu kommen, dafür machte er mit den USA Verträge für Diamantenminen, doch die wurden zu gierig und er sagte nichts gibt es mehr und dann liebten sie Kabila sen. nicht mehr.

     

    Der Jun. scheint da flexibler zu sein, er macht wieder schön was die wollen und so kann er seine Macht, seinen Reichtum erhalten und seine Frau nebst Familie lebt auch mehr als gut davon.

     

    Heute ist es leider so, keiner hilft den anderen Ländern schon gar nicht Afrika wo man so viel rausholen kann ohne "Gegenleistung". Da gebe ich Rita in allem Recht was sie schreibt.

     

    Heute ist Politik ein weltweites kanllhartes Geschäft, wo es nur darum geht den eigenen Vorteil zu maximieren. Wo es längst nicht mehr um die Bevölkerungen der jeweiligen Länder geht, sollen die doch untergehen.

     

    Wie es funktioniert dazu gibt es Bücher wie

    "Weltmacht ohne Skrupel", oder "Econimic Hit Man" beschreibt auch wie die Agenten losgeschickt wurden und mit allen Tricks ohne Rücksicht auf Verluste die Länder und die Menschen besonders gern Afrika ausplünderten durch falsche Beratung. Die Verluste sind da nicht nur Afrika.

     

    Man kann da auch die Machenschaft mit dem Euro und das Drame in der EU Zone dazu rechnen für mein Gefühl, da gibt es auch ein gutes Buch Showdown von Dirk Müller

  • R
    rita

    Lambert Mendes Äußerungen sind doch immer wieder eine Lachnummer! Ich meine, wie soll das wohl zu verstehen sein, wenn die Regierung die Verhandlungen mit der M23 abbricht, kaum dass die Interventionstruppe beschlossen ist und verlauten lässt: Verhandlungen wären nun nicht mehr nötig, die M23 solle sich bitteschön auflösen...?

    Wie der kleine Lausbub, der Ätsch-Bätsch macht, sobald er den großen Bruder an seiner Seite weiß.

     

    Und, soweit ich das verfolgt habe, wird in den Medien die M23 allgemein als "negative Kraft" und als vordringliches Ziel der Interventionsbrigade benannt. Auch praktisch ist es schwer vorstellbar, wie plötzlich alle "negativen Elemente" in diesem Bereich bekämpft werden sollten, dazu müssten doch wohl noch ein paar zehntausend Mann mehr bereitgestellt werden. Also ist es nur logisch, dass die Aktion sich auf ein bestimmtes Ziel konzentriert. Ganz nebenbei muss noch erwähnt werden, dass gerade Südafrika keineswegs neutral ist in diesem Konflikt. Hier gibt es starke Interessen, einmal Strom aus dem Inga-Staudamm und auch gewisse Ölquellen, an denen SA interessiert ist, Nzuma möchte sich auf jeden Fall Kabilas Sympatie sichern. Auch habe ich verschiedentlich schon von Mutmaßungen gelesen, dass die FDLR gute Verbindungen hätte zur tansanischen Militärführung. Das Feindbild ist hier auf jeden Fall klar, und es ist verständlich, dass die M23 sich wehrt gegen die Vorbereitungen zum Angriff während offiziell noch laufender Verhandlungen.

    Alles in Allem sieht diese Mission bei näherem Hinsehen nicht aus wie eine Friedens- sondern eher eine Konflikt- verschärfungs- Mission, eine jener kurzsichtigen Aktionen, mit denen Handlungsfähigkeit gezeigt werden soll, die dann aber voll nach hinten losgehen. Und gerade Kabila hat nun oft genug unter Beweis gestellt, dass er ein Meister ist auf diesem Gebiet. Traurig nur, dass die "internationale Gemeinschaft" sich immer wieder vor seinen Karren spannen lässt. Da helfen auch gut gemeinte Appelle einer Mary Robinson nicht viel.