Konfessionslose in der SPD: Klingbeil predigt gegen Atheisten
Der SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil will einen Arbeitskreis „Säkulare in der SPD“ nicht zulassen. Der Hamburger Sprecher ist enttäuscht.
Lein und seine MitstreiterInnen stehen für die strikte Trennung von Kirche und Staat und wollen Privilegien der Kirchen aufheben. Sie berufen sich auf Statistiken, nach denen die Anzahl der Gläubigen aller drei abrahamitischen Religionen rückläufig sei. In Hamburg ist die Mehrheit der Menschen bereits konfessionslos.
Lein hätte deswegen gerne einen eigenen Arbeitskreis von Säkularen und Konfessionslosen in der SPD gegründet, um ihnen eine stärkere Stimme zu verleihen. Mit einer offiziellen Anerkennung durch den Parteivorstand hätte die Gruppe zudem die Möglichkeit, ihre Arbeit aus Parteigeldern zu finanzieren.
Klingbeil allerdings erteilte dem Anliegen nun eine Absage – der Grund dafür ist bislang nicht bekannt. Wie die FAZ berichtet, will Klingbeil der Gruppe „Säkulare Sozialdemokrat*innen“ sogar verbieten, als Interessenvertretung mit einem Namen aufzutreten, der sie öffentlich mit der SPD in Verbindung bringt.
Unterschieden wird im Organisationsstatut der SPD zwischen Arbeitsgemeinschaften und Arbeitskreisen.
Geld gibt es sowohl für die Arbeitskreise als auch für die Arbeitsgemeinschaften. Die Höhe der Gelder richtet sich nach dem Bedarf der jeweiligen Arbeitskreise und -gemeinschaften.
Arbeitsgemeinschaften müssen im Bund gegründet werden. Erst danach dürfen Landesverbände gegründet werden. Beispiele sind die Jusos, die Jungorganisation der SPD, oder die „Frauen in der SPD“.
Arbeitskreise sind beispielsweise die Netzwerke der Religionsgemeinschaften. Der Parteivorstand setzt die Kreise ein und beschließt, ob und welche neuen dazukommen sollen.
Bereits in den 70er Jahren bildeten sich die „Christen in der SPD“, 2007 gründeten sich die „Juden in der SPD“. Beide Arbeitskreise sind seit 2008 in der SPD anerkannt.
Eine Sprecherin des Generalsekretärs teilt der taz auf Anfrage mit, dass der Name der Partei geschützt sei und deswegen mit diesem nicht genehmigten Arbeitskreis nicht in Verbindung gebracht werden dürfe. Dass sie Sozialdemokrat*innen seien, dürfe die Gruppe immer sagen, teilt die Sprecherin mit. „Nur als Säkulare Gruppierung, die nicht offiziell von der Partei als Arbeitskreis anerkannt wird, dürfen sie die Bezeichnung SPD sowie Sozialdemokraten nicht verwenden.“
Zu der Absage Klingbeils will Lein sich zunächst in seiner Gruppe absprechen. Am Samstag finde ein bundesweites Treffen in Hannover statt.
Dass ihnen sogar der Bezug auf die SPD im Gruppennamen verboten werden soll, davon allerdings wusste Lein bislang nichts. „Mir persönlich hat keiner juristisch verboten, mich säkularer Sozialdemokrat zu nennen.“ Laut FAZ habe Klingbeil das auch unter Berufung seiner Parteijustiziarin der Gruppe verboten.
Seit einigen Jahren versucht das lose Netzwerk der säkularen Sozialdemokrat*innen bereits, offiziell als Arbeitskreis anerkannt zu werden. Doch dies verweigerte schon Klingbeils Vorgängerin und jetzige Parteivorsitzende Andrea Nahles.
2011 lehnte Nahles die Gründung aus inhaltlichen Gründen ab: Die Herbeiführung einer strikten Trennung von Staat und Kirche entspreche weder den Zielen des SPD-Grundsatzprogrammes noch den Zielen des Grundgesetzes, hieß es in einer Stellungnahme.
Den Bremer Maurice Mäschig überrascht die strikten Antihaltung der SPD gegenüber den Säkularen nicht. Er setzte sich als Sozialdemokrat seit Jahren für die Anliegen der Konfessionslosen ein. Mittlerweile ist er aus der SPD ausgetreten. „Die SPD hat eine ungesunde Nähe zur Kirche“, sagt der 33-Jährige. Religionsgemeinschaften nehme die SPD ernst, die Belange der Säkularen und Laizisten in der eigenen Partei hingegen nicht. „Die SPD ist eben nicht so plural, wie sie es gerne darstellen möchte“, so Mäschig.
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