Konferenz der ENF in Koblenz: Spitzentreffen der Rechtspopulisten
Einen Tag nach der Amtseinführung von Trump treffen sich Europas Rechtspopulisten, darunter Petry und Le Pen, in Koblenz. Sie stoßen auf massive Proteste.
Nur einen Tag nach der Amtseinführung des künftigen US-Präsidenten Donald Trump am Freitag in Washington suchen Europas rechtspopulistische Politiker am Zusammenfluss von Rhein und Mosel in Koblenz die große Bühne vor den Wahlen in ihren Heimatländern. In den Niederlanden will bereits im März die Partei für die Freiheit (PVV) des Rechtspopulisten Wilders bei der Parlamentswahl punkten, in Frankreich wird bei der Präsidentschaftswahl im Frühjahr der Einzug Le Pens in die Stichwahl erwartet. Im September will dann Petry ihre AfD in den Bundestag führen.
Zentraler Organisator des Treffens in der Koblenzer Rhein-Mosel-Halle ist Petrys Ehemann Marcus Pretzell, der sich im Europaparlament als einziger AfD-Politiker der ENF-Fraktion anschloss. Breite Empörung löste der nordrhein-westfälische AfD-Vorsitzende im Vorfeld des Treffens vor allem mit dem geplanten Ausschluss einzelner Medien und Journalisten aus. So sollen unter anderem ARD und ZDF keinen Zutritt zur Veranstaltungshalle bekommen.
Die ENF-Fraktion im Europaparlament besteht vor allem aus Vertretern von Le Pens rechtsextremer Front National (FN). Erklärtes Ziel der insgesamt 40 ENF-Abgeordneten ist das Ende der EU und die Rückkehr zu einem Europa der Nationalstaaten. Bei der Abstimmung über EU-Gesetze votieren sie daher meist mit Nein. In der Einladung zu dem Koblenzer Kongress sprechen die Veranstalter davon, dass sich dort die „Spitzenpolitiker des neuen Europas“ träfen.
Im Europaparlament nutzen die ENF-Mitglieder vor allem das Plenum als Bühne: Sie kritisieren vehement die EU-Einwanderungspolitik, fordern Einreiseverbote für Muslime, die Wiedereinführung der Grenzkontrollen und ein Ende der Beitrittsgespräche mit der Türkei. Auch die Abschaffung des Euro ist eines ihrer Lieblingsthemen. In den Ausschüssen, wo die eigentliche Arbeit ansteht, sind sie nach Angaben aus anderen Fraktionen hingegen wenig aktiv.
Claire Demesmay
Für Claire Demesmay von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) ist das Treffen eine Inszenierung. „Die Parteien inszenieren sich als Freunde – dabei geht es darum, neue Grenzen zwischen den Ländern zu ziehen“, sagte Demesmay der Nachrichtenagentur AFP. Sie verfolgten einen „destruktiven Ansatz“, der sich gegen den „Geist der Europapolitik“ richte: „Man will zusammenarbeiten, um eine Zusammenarbeit in Zukunft in Frage zu stellen“.
Auch vor diesem Hintergrund gibt es großen Widerstand gegen den ENF-Kongress. Ein breites Bündnis aus Parteien, Gewerkschaften und vielen anderen Verbänden und Organisation ruft zu einer Großdemonstration unter dem Motto „Koblenz bleibt bunt“ auf. Erwartet werden dazu unter anderem die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD), Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn, Grünen-Chefin Simone Peter und der Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag, Dietmar Bartsch.
Mit der „Ode an die Freude“ gegen die Rechtspopulisten
„Gemeinsam werden wir ein starkes Zeichen setzen, wie wir hier bei uns leben wollen – frei, tolerant und weltoffen“, kündigte die rheinland-pfälzische Regierungschefin Dreyer an. Das Bündnis stehe „für ein buntes und ein offenes Europa und gegen Nationalismus, Rassismus und Hass“.
Die Demonstranten wollen am Samstag nach dem Auftakt am Koblenzer Hauptbahnhof auch nahe an der Rhein-Mosel-Halle vorbeiziehen, in der die Rechtspopulisten zusammenkommen. Die Polizei ist mit einem Großaufgebot von mehr als tausend Beamten im Einsatz. Vor der Halle sieht der Plan der Organisatoren vor, begleitet von Musikern der Rheinischen Philharmonie gemeinsam die „Ode an die Freude“ anzustimmen und so ein lautstarkes Zeichen gegen das Rechtspopulistentreffen zu setzen.
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