Kommunisten in Tschechien: Mal wieder auf hohem Posten
Der Abgeordnete Zdeněk Ondráček wird Chef einer Kontrollkommission im Parlament. Vor 1989 verprügelte er als Polizist Oppositionelle.
Ondráček wurde gewählt, weil 21 Abgeordnete der Oppositionsparteien die Abstimmung verpasst hatten. Der Ex-Polizist aus den Sudeten ist seit 2013 Abgeordneter der Kommunistischen Partei Böhmens und Mährens (KSČM). Noch 2016 verteidigte die Kommunistin Marta Semelová die stalinistischen Schauprozesse der 1950er und lobte den Einmarsch der sowjetischen Panzer 1968 als internationale Hilfe.
Bei den Wahlen im Oktober 2017 stürzten die Kommunisten auf 7,8 Prozent ab. Ministerpräsident Andrej Babiš, der seit viereinhalb Monaten ohne Vertrauensvotum des Parlaments regiert, braucht jedoch ihre Unterstützung für seine Minderheitsregierung.
Im Austausch für Posten und Einfluss sind die Kommunisten gerne bereit, ihm diese zu geben. Vielleicht findet auch nur zusammen, was zusammen gehört: Mitte Februar urteilte das Bezirksgericht in Babišs Heimatstadt Bratislava, dass er in den Archiven zu Recht als Agent der kommunistischen Staatssicherheit (StB-Agent) geführt wird.
Schlag ins Gesicht
Dass ein ehemaliger StB-Agent mit den Kommunisten über die Geschicke des Landes befindet, stimmt viele Tschechen nachdenklich. Die Wahl Zdeněk Ondráčeks zum obersten Hüter der Polizeibehörden ist dabei für viele ein Schlag ins Gesicht.
Denn Zdeněk Ondráček knüppelte während der „Palach-Wochen“ im Januar 1989, der ersten Vorboten der Samtrevolution, für die Kommunisten: als „Weißhelm“, ein Angehöriger der Prügelbrigaden des „Korps der nationalen Sicherheit“ (SNB), war er während der Proteste im Einsatz.
Als Sicherheitsexperte der Kommunistischen Partei hat er auch internationale Erfahrungen gesammelt: ein Schnappschuss vom Januar 2016 zeigt Ondráček stolz im ostukrainischen Donezk – in einer Gruppe grün gekleideter Touristen mit russischen Abzeichen.
Als Chef der Kontrollkommission wird Ondráček nun über die Generalinspektion der tschechischen Polizei wachen. Die verfolgt gerade ein Strafverfahren gegen Ministerpräsidenten Andrej Babiš, der des EU-Subventionsbetrugs beschuldigt wird.
Ob Ondráčeks Wahl das Fass zum Überlaufen bringt, wird sich am Montag zeigen. Eine Protestveranstaltung auf der Nationalstraße in Prag hat schon 10.000 Zusagen und 30.000 Interessiert-Angaben auf Facebook. Auch in anderen Städten wie Brünn, Ostrava oder Liberec sind Demonstrationen angekündigt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!