Kommunen fordern finanzielle Hilfen: 10.000 Euro pro Flüchtling pro Jahr
Wegen der hohen Flüchtlingszahlen warnen die Kreise und Gemeinden vor Verteilungsdebatten. Sie fordern mehr Geld von den Ländern.
Wenn sich das nicht ändere, „dann haben wir im Herbst dieses Jahres in den Räten und Kreistagen höchst unliebsame Diskussionen über die Verteilung der Haushaltsmittel“, so Meyer, „dann könnte es heißen, hier steht Flüchtlingsunterbringung gegen Daseinsvorsorge.“ Die Kreise, Städte und Gemeinden fordern von den Landesregierungen mehr finanzielle Hilfe bei der Unterbringung. Die Bundesländer wiederum setzen ihrerseits auf die Bundesregierung.
Meyer nennt Beispiele für mögliche Einsparungsdebatten vor Ort: „Dann könnte sich etwa in den Landkreisen in Niedersachsen die Frage stellen, ob man sich die geplante Breitbanderschließung noch leisten kann, auf der Ebene der Gemeinden drohen Diskussionen über die Finanzierung von Schulsanierungen und den Kitaausbau.“
Im Landkreis Harburg etwa sind viele Flüchtlinge in Containerwohnanlagen untergebracht. Für 2015 rechne man mit Aufwendungen von rund 20 Millionen Euro, sagt Bernhard Frosdorfer, Sprecher des Landkreises. „Das hat bereits einen Nachtragshaushalt mit einer höheren finanziellen Belastung unserer Kommunen und Kürzungen etwa im Schul- und Straßenbau erforderlich gemacht. Sollte es bei der derzeitigen Erstattungspraxis Niedersachsens bleiben, erwarten wir für 2016 Aufwendungen von rund 40 Millionen Euro und weiter steigende Schuldenstände“.
Bisher sind örtliche Diskussionen nach dem Motto „wegen der Flüchtlinge können wir die Schulsanierung nicht finanzieren“ allerdings noch selten. Aus guten Gründen. Denn diese Debatten fürchten die regionalen politischen Vertreter wie der Teufel das Weihwasser. „Wenn diese Verteilungsdiskussionen kommen, dann erhalten bei der nächsten Kommunalwahl im Jahre 2016 politische Kräfte Auftrieb, die man sich hier nicht wünscht“, warnt Meyer.
Landesregierungen sperren sich gegen höhere Ausgaben
Die Kommunen sind für die Unterbringung der Flüchtlinge verantwortlich, wenn diese nach spätestens drei Monaten die Erstaufnahmezentren zu verlassen haben. Für die Erstaufnahmezentren hingegen sind immer die Landesregierungen zuständig. Erst danach werden die Flüchtlinge in den Kommunen verteilt und entweder in Gemeinschaftsunterkünften oder auch in Wohnungen untergebracht. Ihr Asylverfahren läuft dann meist noch.
Die materielle Versorgung der Flüchtlinge ist zum großen Teil gesetzlich vorgegeben. Laut Asylbewerberleistungsgesetz haben sie Anspruch auf einen Grundbedarf für Ernährung und Kleidung von monatlich 216 Euro plus ein Taschengeld von 143 Euro, das macht rund 360 Euro im Monat. Dazu addieren sich die Unterkunftskosten, die in Niedersachsen im Schnitt rund 210 Euro pro Kopf und Monat betragen. In den Metropolen ist das Wohnen teurer.
Dazu kommen noch Ausgaben für die gesundheitliche Versorgung, für den Schulbedarf, für die soziale Betreuung und den Verwaltungsapparat. So errechnen sich leicht etwa 10.000 Euro im Jahr pro Kopf. In Bayern geht man von 1.300 Euro an Ausgaben pro Flüchtling im Monat aus, sagt die Sprecherin des Bayerischen Sozialministeriums, Daniela Schürf.
In einigen Bundesländern wie Bayern und Mecklenburg-Vorpommern erstatten die Landesregierungen den Städten und Gemeinden komplett die Kosten für die Unterbringung und Versorgung, das Geld kommt aus der Landeskasse, was die Lage für die einzelnen Gemeinden entspannt. In Bundesländern wie Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg aber erhalten die Kommunen von den Landesregierungen Abgeltungspauschalen, die längst nicht alle Kosten decken. In Rheinland-Pfalz etwa bekommt eine Kommune nur 513 Euro pro Kopf und Monat vom Land.
Die Landesregierungen sperren sich vielerorts gegen mehr Ausgaben, sie erhoffen sich mehr Geld von der Bundesregierung, die bisher die Länder nur mit pauschalen Summen unterstützt. Nach Berechnungen des Berliner Senats beispielsweise betragen die Kosten pro Flüchtling in der Hauptstadt rund 1.000 Euro im Monat. Der Berliner Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen forderte die Bundesregierung auf, davon mindestens die Hälfte beizusteuern.
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