piwik no script img

Kommunalwahlen in EnglandBühne frei für Labour

Dominic Johnson
Kommentar von Dominic Johnson

Nicht nur die Konservativen in England implodieren, auch die Nationalisten der SNP in Schottland. Das kann Labour ungeahnte Mehrheiten verschaffen.

Kalte Dusche für die Konservativen in Großbritannien Foto: AP Photo/Kin Cheung

N ur drei Jahre ist es her, da dominierten zwei scheinbare Giganten die britische Politik. Boris Johnson in London und Nicola Sturgeon in Edinburgh hatten ihre jeweiligen Parteien beide zu hohen Wahlsiegen geführt und schienen unanfechtbar. Sie konnten einander nicht leiden, weil sie sich so ähnlich waren: populistische Versprechen einer leuchtenden Zukunft nach außen, knallharte Machtpolitik nach innen. Heute sind beide in der Versenkung verschwunden, an den eigenen Unzulänglichkeiten gescheitert und von den eigenen Apparaten verstoßen. Und ihre beiden Parteien haben das nicht überlebt.

Die haushohe Niederlage der Konservativen bei Englands Kommunalwahlen entsprach den schlimmsten Erwartungen. Die Wahlurnen bestätigten, was alle Umfragen sagten: Diese Partei ist nicht mehr mehrheitsfähig. Die Hoffnung von Rishi Sunak, sich durch kompetente Sacharbeit irgendwie aus dem Umfragetief herauszuwühlen, hat sich wieder einmal zerschlagen, und die bevorstehenden Parlamentswahlen dürften das endgültig klären.

Parallel zu den Konservativen in England implodieren in Schottland die Nationalisten der SNP. Sturgeons Nachfolger Humza Yousaf musste seinen Hut nehmen und dürfte durch Sturgeons Vorgänger Peter Swinney ersetzt werden, ein Urgestein, das zwar den Laden zusammenhalten kann, aber nicht im Verdacht steht, irgendeine neue Idee entwickeln zu können. Die Tage der SNP an der Macht scheinen gezählt, und mit dem absehbaren Verlust ihrer schottischen Wahlkreise ist eine absolute Labour-Mehrheit im britischen Parlament, die in England allein kaum zu erzielen wäre, wieder in Sicht.

Der Weg ist nun frei für Labour, landesweit die Scherben aufzusammeln. Aber der Durchmarsch ist keineswegs glatt. Viele Stammwähler sind enttäuscht. Begeisterung entfacht Keir Starmer nicht. Sobald er als Premierminister liefern muss, wird auch er merken, wie vergänglich das politische Leben in Großbritannien geworden ist, wie schnell aus Triumph eine Niederlage werden kann. Die Bühne ist für Labour frei. Der Applaus ist ungewiss.

Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen

Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Dominic Johnson
Ressortleiter Ausland
Seit 2011 Co-Leiter des taz-Auslandsressorts und seit 1990 Afrikaredakteur der taz.
Mehr zum Thema

0 Kommentare