Kommunalwahl in Kolumbien: Erste offen lesbische Frau im Amt
Die Hauptstadt Bogotá wird künftig von einer Frau regiert. Ihre Homosexualität verheimlichte Claudia López nie – ein Novum für ganz Lateinamerika.
López' Aufstieg war rasant: Erst vor fünf Jahren ging sie in die Politik und wurde Senatorin für die Mitte-links-Partei Alianza Verde. Zuvor hatte sich die Journalistin mit Recherchen zur Parapolitik einen Namen gemacht: Viele Politiker, die mit Paramilitärs unter einer Decke steckten, kamen ihretwegen ins Gefängnis. 2013 musste López deshalb aus Sicherheitsgründen zeitweise das Land verlassen. Sie lebt bis heute mit Personenschutz.
Der Kampf gegen Korruption und Ungleichheit zieht sich durch ihre Karriere. Zusammen mit ihrer Lebensgefährtin, der Senatorin Angélica Lozano, initiierte López 2018 den Anti-Korruptions-Volksentscheid. Mit 11 Millionen Stimmen verfehlte er knapp das Quorum, bewirkte aber eine breite gesellschaftliche Debatte.
Claudia López hat kurze Haare, ist sehr direkt und spricht laut – ein ungewöhnliches Auftreten für eine Frau in Kolumbien. „Gritona“ wird sie regelmäßig geschimpft, Schreihälsin. Den einflussreichen ehemaligen Präsidenten und jetzigen Senator Alvaro Uribe nannte sie im Kongress einen „Blutsauger“, als er sich einer Debatte über seine mutmaßlichen Verstrickungen mit Paramilitärs entziehen wollte. Sie hat mehrere Gerichtsverfahren überstanden, in denen sich Politiker gegen ihre Aussagen wehren wollten.
Gegen Korruption und Ungleichheit
López stammt aus keiner der reichen Politiker-Dynastien. Sie wuchs als älteste von sechs Geschwistern in einfachen Verhältnissen in Bogotá auf, ihre Eltern arbeiteten hart. Auch sie musste sich durchkämpfen, wie sie gern betont. Dank Stipendien und Krediten konnte sie studieren und promovierte schließlich in Politikwissenschaften an einer Universität in den USA.
López' Ziel ist ein besseres, kostenloses Bildungssystem für Bogotá. Gegen Dauerstau und Luftverschmutzung in der Stadt mit über 7 Millionen Einwohnern setzt sie auf die überirdische Metro. Die soll nach über 60 Jahren Debatte ab 2020 gebaut werden. Ihr Vorgänger Enrique Peñalosa hatte den Vertrag mit der chinesischen Baufirma vorbereitet. Vor allem will López aber gegen Gewalt, Korruption und Ungleichheit vorgehen. Damit eckt sie bei den konservativen Eliten ebenso an wie mit ihrer Homosexualität.
Aus der hat sie nie ein Geheimnis gemacht. López schickt ihrer Lebensgefährtin regelmäßig öffentliche Liebesbotschaften. Auch ihr Hund Lucky wird so bedacht, was ihr bei den tierlieben Kolumbianer*innen wohl einige Sympathiepunkte einbrachte.
Dass eine Frau in Bogotá siegte, war am Sonntag in Kolumbien ein größeres Thema als López' Homosexualität. Das Foto des innigen Kusses mit ihrer Partnerin bei der Siegesfeier wird wohl trotzdem in die kolumbianischen Geschichtsbücher eingehen.
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