Kommmentar zum Mauerfalljubiläum: Kitsch und Pathos müssen sein
Berlin feiert den Mauerfall mit großem Pomp. Zu Recht, denn der Mauerfall gilt weltweit längst als Chiffre für die Möglichkeit, den Lauf der Dinge fundamental zu verändern.
K itsch. Und Pathos pur. Damit haben die Initiatoren der Domino-Aktion zur Mauerfallwiederholung gespielt. Deshalb wäre es auch einfach, sich von ihr abzuwenden. Doch wer sie als wohlfeiles Spiel für die Massen abtut, liegt falsch. Denn was sollte für eine Mauerfallparty besser passen als eine vor Kitsch und Pathos triefende Reinszenierung?
Wer in den letzten Tagen eine der zahlreichen Dokumentationen im Fernsehen verfolgt hat, wer das Glück hatte, den Erzählungen von am Mauerfall Beteiligten lauschen zu dürfen, der muss schon emotional vollkommen abgehärtet sein, wenn ihn nicht ein wohliges Gänsehautrieseln überkommt. Ganz egal, ob man nun 1989 selbst dabei war oder ob man das Geschehen nur aus zweiter Hand kennt.
Wer dennoch Zweifel hat, ob es sich nicht mal wieder um eine unangemessene Selbstbeweihräucherung der Deutschen mit ihrer Geschichte handelt, der muss nur den vielen Besuchern aus aller Welt zuhören, die von der Symbolkraft des Mauerfalls schwärmen. Denn die erschöpft sich keineswegs in der Überwindung des stadtteilenden Betonwalls. Der Mauerfall gilt weltweit längst als Chiffre für die Möglichkeit, den Lauf der Dinge fundamental zu verändern. Und das mit friedlichen Mitteln.
Bedauerlich ist höchstens, dass sich am Jubeltag so wenige Berliner unter die staunenden Besucher mischen können. Es fehlt ein Berliner Feiertag am 9. November. Bis zum 25. Jahrestag sollte das wohl auch noch zu schaffen sein.
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