: Kommissar Koalition gegen Inspektor SPD
Erste Lesung des Kriminalitätsbekämpfungsgesetzes und seines sozialdemokratischen Gegenentwurfs im Bundestag / Kompetenzen des BND sollen ausgeweitet werden ■ Aus Bonn Hasso Suliak
Das Wahlkampfthema „Innere Sicherheit“ gewinnt allmählich an Konturen. Nachdem sowohl die SPD als auch die Regierungskoalition ihre Gesetzesentwürfe zur Verbrechensbekämpfung vorgestellt haben, entbrannte gestern im Bundestag der große Streit um das richtige Rezept, mit dem man den verängstigten Bundesbürger wieder sicher auf die Straße verhelfen kann.
Ohne es zu merken, sind sich die beiden großen Parteien jedenfalls in einem Punkte einig. Eine erfolgreiche Gangsterjagd funktioniert offenbar nur mit erhöhten Strafen oder aber mit weiteren Veränderungen des Grundgesetzes.
Im Kreuzfeuer der Kritik steht insbesondere die von der SPD geplante doppelte Grundrechtsänderung. Nach dem Willen der Genossen soll schließlich nicht nur der „Große Lauschangriff“ im Wege einer Veränderung von Artikel 13 GG endgültig legalisiert werden, sondern auch das Grundrecht nach Artikel 14 soll „zum Schutze“ der Bürger abgeändert werden. Vermögen, bei dem auch nur der geringste Verdacht besteht, daß es aus einer Straftat herrührt, kann dann ohne jeglichen Schuldnachweis erst einmal vom Staat sichergestellt werden.
Im Wege einer von der SPD konstruierten „Beweislastumkehr“ darf dann der möglicherweise unschuldige Bürger in einem langwierigen Zivilverfahren sein Geld vom Staat zurückerstreiten, falls ihm überhaupt der Beweis gelingt. Denn, so erläuterte die SPD- Politikerin Anke Fuchs, nur so könne der „Nerv“ des „organisierten Verbrechens“ entscheidend getroffen werden, und schließlich, so die SPD-Politikerin, genieße das bemäkelte Eigentum ja auch nicht den Schutz der Verfassung.
Indes geht der SPD-Vorschlag in diesem Sinne nicht nur der PDS zu weit. Für Gregor Gysi steht ohnehin fest: Mit dem staatlichen Zugriff auf das Vermögen der Bürger „überholt die SPD die Regierung von rechts.“ Auch die CDU/CSU sieht einen klaren Verstoß des im Grundgesetz verankerten Prinzips der „Unschuldsvermutung“.
Ob dagegen der Gesetzentwurf der Bundesregierung die Innere Sicherheit wiederherzustellen vermag, erscheint fraglich. Zwar beinhaltet das Gesetzespapier noch nicht den befürchteten „Großen Lauschangriff“, gegen den sich die FDP bislang noch mit Erfolg zur Wehr setzt. Laut Innenminister Kanther wird die Arbeit von Polizei und Gerichten maßgeblich verbessert. Als einen Schwerpunkt des von der Koalition vorgeschlagenen Maßnahmenpakets nannte der Minister die Beschleunigung von Gerichtsverfahren, so daß die Strafe der Tat „möglichst schnell auf dem Fuße folgen“ könne. Außerdem würden die Strafandrohungen für Körperverletzung, Volksverhetzung und Aufstachelung zum Rassenhaß verschärft. Die Verwendung naziähnlicher Symbole werde strafbar sein.
Einer massiveren Strafverfolgung sollen professionelle Schlepperbanden und organisierte Kriminelle ausgesetzt sein, zu deren Bekämpfung künftig auch der Bundesnachrichtendienst (BND) eingeschaltet werden soll.
Eine leise Ahnung für die Ursachen so mancher Kriminalität hat offenbar aber auch CSU-Mann Norbert Geis. Seiner Ansicht nach beruhe der Neofaschismus so mancher Jugendlicher lediglich darauf, „daß ihnen zu Hause die Nestwärme fehle“.
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