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KommentarAtomkonsens aufkündigen!

Malte Kreutzfeldt
Kommentar von Malte Kreutzfeldt

Vattenfall hat bewisen, dass der Konzern unfähig ist. Jetzt heißt es: Konsequenzen ziehen. Der Atomkonsens, Kraftwerke bis 2020 zu erhalten, ist hinfällig.

D as Versagen des Stomkonzerns Vattenfall ist offensichtlich. Technische Fehler im Reaktor, überfordertes Personal und Konzernchefs, die vertuschen und verschweigen, lassen nur einen Schluss zu: Dieses Unternehmen darf keine Atomkraftwerke mehr betreiben. Doch damit ist es längst nicht getan.

Bild: taz

Malte Kreutzfeldt (35) ist Leiter des taz-Ressorts Öko & Wirtschaft

Zum einen darf durch die berechtigte Kritik an Vattenfall nicht der Eindruck entstehen, die anderen AKW-Betreiber seien zuverlässig. In der derzeitigen Debatte halten sie sich vor allem deshalb so vornehm zurück, damit niemand an ihre Problemreaktoren erinnert. Ob Biblis (RWE), Brokdorf (Eon) oder Philippsburg (EnBW) - mit gefährlichen Zwischenfällen haben alle Konzerne zu kämpfen.

Zum anderen stellen die Vorfälle in Krümmel und Brunsbüttel nicht nur die Betreiber in Frage, sondern die deutsche Atompolitik der vergangenen Jahre. Im sogenannten Atomkonsens aus dem Jahr 2000 haben sich nämlich nicht nur die Energiekonzerne verpflichtet, ihre Reaktoren bis ungefähr 2020 nach und nach vom Netz zu nehmen - sofern bis dahin nichts Gegenteiliges beschlossen wird. Die Politik versprach im Gegenzug, dass "der ungestörte Betrieb der Kernkraftwerke" gewährleistet werde.

Was das heißt, ist seit Jahren zu besichtigen: Obwohl die Zahl der Fehler, die als "meldepflichtige Ereignisse" verharmlost werden, gerade durch die Alterung der Atomkraftwerke und den Fachkräftemangel der Atombranche deutlich zugenommen hat, bleibt die Atomaufsicht untätig. Selbst ernsthafte Zwischenfälle haben für die Unternehmen keinerlei Konsequenzen - getreu dem Motto: Konsens statt Konflikt.

Doch während die Politik ihren Teil der Vereinbarung in unverantwortlicher Weise übererfüllte, sehen sich die Konzerne durch den Konsens zu nichts verpflichtet. Mit allen Tricks versuchen sie derzeit, ihre alten Reaktoren über das Jahr 2009 hinaus zu retten - in der Hoffnung auf neue politische Mehrheiten. Das dürfen sich Gesellschaft und Politik nicht länger gefallen lassen. Der Atomkonsens muss aufgekündigt werden. Der neue Atomkonsens muss heißen: Sofortige Abschaltung der alten und ein schnelleres Ende für die neuen AKWs.

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Malte Kreutzfeldt
ehemaliger Redakteur
Jahrgang 1971, war bis September 2022 Korrespondent für Wirtschaft und Umwelt im Parlamentsbüro der taz. Er hat in Göttingen und Berkeley Biologie, Politik und Englisch studiert, sich dabei umweltpolitisch und globalisierungskritisch engagiert und später bei der Hessischen/Niedersächsischen Allgemeinen in Kassel volontiert.   Für seine Aufdeckung der Rechenfehler von Lungenarzt Dr. Dieter Köhler wurde er 2019 vom Medium Magazin als Journalist des Jahres in der Kategorie Wissenschaft ausgezeichnet. Zudem erhielt er 2019 den Umwelt-Medienpreis der DUH in der Kategorie Print.
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1 Kommentar

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  • IN
    Ihr Name Alster

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    Was gibt es in solch einem Fall über-

    haupt zu diskutieren ? Das AKW gehört

    abgeschaltet. Wenn die politschen

    Clowns mit dem Leben der Bürger spielen gehören sie abgewählt.