Kommentar: Gestalten statt blockieren
Die Ängste von Eltern sind verständlich. Doch unsere Gesellschaft darf die Entmischung an den Schulen nicht hinnehmen.
Schulen mit hohem Migrantenanteil haben einen schlechten Ruf. Dafür hat nicht zuletzt der Regierende Bürgermeister selbst gesorgt, als er sagte, dass er seine Kinder an keine Kreuzberger Schule schicken würde. Dass dieser Ruf oft zu Unrecht besteht, dass gerade diese Schulen häufig hervorragende pädagogische Arbeit leisten, sagen viele Experten - doch es hilft nicht viel. Die Angst der Eltern ist da - und man muss sie ernst nehmen.
Wer seine Kinder (und das betrifft nicht nur deutsche Eltern) nicht an eine Schule mit einem hohen Anteil von Einwandererkindern schicken will, hat Angst davor, dass deren Sprachdefizite ein zu langsames Lerntempo erzwingen, dass Misserfolge beim Lernen vielleicht zu Aggression und Gewalt führen könnten. Solchen Ängsten zu begegnen, indem man Kinder an möglichst "ausländerfreie" Schulen bringt oder notfalls Privatschulen gründet, führt jedoch zu einer ethnischen und sozialen Entmischung, die eine demokratische, für Chancengerechtigkeit plädierende Gesellschaft wie unsere nicht hinnehmen darf.
Fast exakt ein Drittel der Kinder, die im vergangenen Jahr eingeschult wurden, haben zu Hause nicht zuerst Deutsch, sondern eine andere Muttersprache gelernt. Das lässt Schlüsse darauf zu, wie Berlins Bevölkerungsstruktur in wenigen Jahren aussehen wird. Wegsehen und weggehen hilft dagegen nicht. Im Gegenteil: Nur wer bleibt, auch an den Schulen bleibt, kann mitgestalten. Würden die Eltern, die sich jetzt organisieren, um Privatschulen oder Extraklassen für ihre Kinder zu erkämpfen, diese Energie in die Verbesserung der gefürchteten "Problemschulen" stecken, wäre allen geholfen: denen, die mitbestimmen wollen ebenso wie denen, die Hilfe und Motivation brauchen.
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