Kommentar: Senatorin bleibt zu Recht hart
Die Berliner Bezirke wollen die Umweltzone vorerst nicht kontrollieren. Die Umweltsenatorin zeigt Rückgrat - zum Glück.
Es hätte zum Déjà-vu werden können: Der Senat beschließt ein neues Gesetz. Dann mehren sich die Stimmen der Kritiker. Und schon wird die Regelung mit einer Übergangsfrist versehen, damit sich die Leute daran gewöhnen können. So lief es beim Rauchverbot: Es gilt zwar ab Januar, Strafen werden aber erst ab Juli verhängt. Und so hätte es auch der Umweltzone ergehen können. Doch die zuständige Senatorin Katrin Lompscher (Linke) beweist in dieser Frage Rückgrat: Sie hält - bis jetzt jedenfalls - an den eigenen Vorgaben fest.
Das ist richtig. Denn eine Einführung der Umweltzone ohne Bußgelder wäre letztlich nichts anderes als eine Verschiebung des gesamten Projekts. Raucher in Kneipen können ab Januar zumindest mit anderen Gästen Probleme bekommen, wenn sie sich eine Zigarette anzünden. Fahrzeuge ohne Plaketten würden keinen unmittelbar stören - und insofern munter weiter durch die Innenstadt tuckern.
Das ginge auf Kosten der Gesundheit von 200.000 Berlinern, die an Straßen wohnen, an denen die Grenzwerte für Feinstaub überschritten werden. Genau das wäre auch das Problem für den Senat: Nach einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom September können alle Bürger ihre Kommune auf wirksame Maßnahmen gegen übermäßige Feinstaubbelastung verklagen. Die Städte müssen also etwas gegen die luftigen Schmutzpartikel unternehmen, sonst droht eine Klagewelle auf sie zuzukommen.
Berlin gehört zu den ersten Städten, die Beschränkungen für Dreckschleudern einführen. Wenn bei der Umsetzung Probleme auftreten, ist das ganz normal. Es müssen erst einmal Erfahrungen gesammelt werden. ADAC und Wirtschaftsvertreter können motzen, so viel sie wollen: Es gibt zur Umweltzone keine Alternative.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Prozess zu Polizeigewalt in Dortmund
Freisprüche für die Polizei im Fall Mouhamed Dramé
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Leben ohne Smartphone und Computer
Recht auf analoge Teilhabe
Fall Mouhamed Dramé
Psychische Krisen lassen sich nicht mit der Waffe lösen
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Ex-Mitglied über Strukturen des BSW
„Man hat zu gehorchen“