■ Kommentar: Perfides System
Es ist immer dieselbe Leier: Die Frau ist schuld, die Männer bleiben außen vor. Die drogenabhängige, kranke Frau wird vor Gericht zitiert, weil sie ihre Sucht auf verbotene Weise finanziert. Sie muß Bußgeld und Prozeßkosten zahlen, die ihre Möglichkeiten weit übersteigen. Es ist mehr als zynisch, daß ausgerechnet eine Frau der Angeklagten vom Richterstuhl herunter sagt: „Vier mal 80 Mark — das entspricht jeweils einem Mal mit einem Kunden.“ Sie zwingt die Süchtige damit erneut auf den Strich — denn Sozialhilfe kommt dafür nicht auf.
Die Drogenabhängige kam ohne Verteidigung. Sie kam gutgläubig, mit dem Behandlungsvertrag für's Methadonprogramm in der Hand. Seit gestern wollte sie dem Strich entkommen. Mit dem Urteilsspruch und der bangen Frage nach den Prozeßkosten ließ man sie aber im Regen stehen.
Die Freier vom Drogenstrich, deren perverse Macht-Bedürfnisse die Frauen zur sexuellen Dienstleistung treiben, dürfen sich bei der Gerichtskasse Entschädigung abholen. Die Richterin entläßt sie ungefragt, um ihnen den „Pranger“ zu ersparen und als ob sie am Prostitutionsakt unbeteiligt wären. Perfider läßt sich ein krankes System nicht stützen. Birgitt Rambalski
Lesen gegen das Patriarchat
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