Kommentar: Fahrlässig
■ Polizeiliche Besessenheit vom linken Feind hätte schlimm ausgehen können
Die Polizei war keineswegs ahnungslos. Auch wenn der angekündigte Aufmarsch der NPD sich schon vor Tagen als Finte erwiesen hatte, verfügte auch die Polizei rechtzeitig über Informationen, daß die Neofaschisten am Samstag in Hamburg Flagge zeigen wollten. Die rechten Funktionäre gaben allen bereitwillig Auskunft, wo genau sie den Auftritt des Bürgermeisters aufmischen wollten.
Doch die Freunde und Helfer konzentrierten sich lieber auf ihre an Besessenheit grenzende Überzeugung, daß die Feinde des Staates links lauern. Glück für die „Ordnungshüter“, daß die Neonazis nur verbal auf Voscherau losgingen – vor körperlichen Attacken hätten ihn die paar Leibwächter gegen 40 Rechte kaum schützen können.
So fahrlässig man mit dem Neonazi-Auftritt verfuhr, so übereifrig wurde die Groß-Demonstration gegen Rechts als gewaltbereit eingestuft und von einem grünen Massenaufgebot eskortiert. Obwohl auch Teile der GAL und der Gewerkschaften zu dem Protestmarsch gegen die Law-and-order-Hysterie und die rassistische Begleitmusik aufgerufen hatten, wurde die Demo schon im Vorfeld in die Krawall-Ecke gestellt.
Bei Ernst Uhrlau, der zum ersten Mal als Polizeichef das Einsatzkonzept für eine Großdemonstration verantworten durfte, stand der Feind am Wochenende links. Daß Neofaschisten unter Ausschluß der Polizei den Bürgermeister ungehindert vom Podium brüllen konnten, während AntifaschistInnen nicht ungehindert demonstrieren durften, ist die beklemmende Folge seiner politischen Einäugigkeit.
Marco Carini
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