Kommentar: Ändern? Aber wie?
■ Warum die Qual mit der Wahl ebenso verständlich wie unnütz ist
Verstehen kann man's ja. Fast 40 Prozent der Hamburger Wahlberechtigten wissen laut jüngster Umfrage noch nicht, ob sie morgen wählen. Und falls doch, wen. Die Qual der Wahl war in dieser Stadt seit Jahrzehnten nicht so groß.
Zu sehr ähneln sich die Parteien; aus Konflikten früherer Jahre wurde gleichmacherischer Konsens. Die nivellierende Annäherung auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner hat ihre abschreckendste Wirkung entfaltet: Es wird nicht mehr politisch diskutiert in dieser Stadt. Und in den Parteien schon lange nicht.
Ein eitler Monarch hat seine Sippe, deren Flügelkämpfe um Arbeitsmarkt oder Atomausstieg noch vor 15 Jahren bundesweit berühmt-berüchtigt waren, zu Claqueuren degradiert, die jeden Quatsch mitmachen, auch den reaktionärsten.
Ein braungebrannt-jugendlicher Edelmann hat seinen Clan nur vom Mief der 50er Jahre befreit, um noch lauter „Poller zu Polizisten“rufen zu können.
Eine grüne Galionsfigur will und soll die früher Frechen auf der Umleitung durch die bürgerliche Mitte dorthin führen, wo gedübelt wird, nicht gegrübelt.
War sonst noch was? Die Makler- und Malermafia für Gewerbefreiheit oder Das Grauen des Stattstaats? Schwamm drüber. Pogo oder PDS, Freibier oder Rheumatismus?
Verstehen kann man's ja, wenn morgen abend zur stärksten Fraktion die der Nicht-Wähler würde. Bloß ändern täte das nichts. Nichts an den grünen Wegweisern, nichts am eitlen Monarchen.
Und an seinem Hofstadtstaat schon gar nichts.
Sven-Michael Veit
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