■ Kommentar: Seilschaften-Regime
Die Hamburger SPD läßt aufhorchen: Da startet ein frischgewählter Parteivorsitzender mit einer Art Gegen-Regierungserklärung, die den Mitte-Rechtskurs des Senats massiv herausfordert. Da wählen Delegierte einen Landesvorstand, der erstmals die linke Basismehrheit in den Vorstand rüberschwappen läßt. Da setzt es ein kompromißloses Nein zum Transrapid, obwohl Senator und alter Landesvorstand für Vertagung votieren.
Die Hamburger SPD läßt auflachen: Nur weil der Seilschaftendeal bei der geheimen Wahl von 24 Landesvorstandsmitgliedern bei einem einzigen Hinterbänkler-Platz nicht funktionierte, weil die Partei es also wagte, bei satten 4 Prozent der Landesvorstandsliste eine eigene Entscheidung zu treffen, flippte die Parteirechte kollektiv aus.
Das läßt tief blicken und macht ein wenig ratlos: Was bitteschön, hat diese Partei, in der Gegenkandidaten Mangelware und Seilschaften-Absprachen noch immer die 96prozentige Regel sind, eigentlich mit Demokratie, Öffnung und Parteireform am Hut?! Zumal auch Parteichef Jörg Kuhbier mit seinen Flügelproporzdamen Petra Brinkmann und Dorothee Stapelfeldt am Freitag kaum eine Gelegenheit ausließ, um die Verlagerung brisanter Themen in die geschlossene Gesellschaft des Landesvorstandes zu bitten.
Auch wenn die SPD ein bißchen mehr Mut und Selbstbewußtsein bewiesen hat – bis zum Sturz des Seilschaftenregimes und der Geburt einer demokratischen Hamburger SPD ist es noch ein verdammt langer Weg. Ob davon wirklich schon 4 Prozent zurückgelegt sind?
Florian Marten
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