■ Kommentar: Verengter Horizont
„Mild“ nennen die Richter ihr Urteil über Marcus E. Sie haben recht, weil das Gesetz auf ihrer Seite: Gemessen an den Strafvorschriften des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG) liegt die verhängte Haftstrafe tatsächlich am unteren Rand des Machbaren. Gemessen am Einzelfall jedoch taugt das Gesetz nicht viel. Und verdeutlicht das starre Schema, nach dem Realität in Strafrechtsnormen gepreßt wird.
Immer weiter verschärft worden sind die Strafvorschriften des BtMG. Besonders harte Strafen sieht das Gesetz für jene vor, die Drogen an Minderjährige abgeben oder diese als Weiterverkäufer einsetzen. Dies zielt eindeutig auf die Heroin-Szene. Und macht bei Ecstasy wenig Sinn.
Nicht nur die Kundschaft, auch die Verkäufer sind überwiegend minderjährig oder knapp darüber, auch sie sind Konsumenten. Und der Konsum des „heart openers“ wird von vielen nicht als illegal empfunden. Daß jemand aus der Techno-Szene größere Mengen einkauft, um andere zu versorgen, sehen sie zwar als kostenpflichtigen, aber kaum professionellen Dienst an. Sie konsumieren gemeinsam, feiern gemeinsam – und erweisen sich dabei nicht selten als Gegner legaler Alltagsdrogen wie Nikotin und Alkohol.
Doch während selbst über die Gefährlichkeit der Partydroge in Expertenkreisen noch heftig gestritten wird, fällt das Gericht bereits sein Urteil. Mit großer Sorgfalt zwar, aber mit einem – vorschriftsmäßig und altersbedingt – sehr eingeschränktem Horizont. Stefanie Winter
Siehe Bericht auf Seite 22
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