Kommentar: Weises Urteil
■ Gericht schützt die Meinungsfreiheit
Das Bremer Landgericht ist zu loben für einen weisen Spruch. Ein Berufsrichter hat gemeinsam mit zwei Schöffen ein Urteil kassiert, das noch für reichlich negative Schlagzeilen in der Republik gesorgt hätte – und davon hatte die Bremer Justiz nach den Medienrazzien nun wirklich reichlich.
Man muß sich vorstellen: Da hatte ein Amtsrichter einen Mitarbeiter des Anti-Rassismus-Büros zu einer Geldstrafe verknackt, weil der eine Broschüre vertrieben hatte, in der – zwar hart formuliert, aber gut recherchiert – die Vergabepraxis von Brechmitteln durch die Polizei angeprangert worden war. Ein Urteil nicht etwa wegen Beleidigung einzelner Beamter, sondern eines wegen Volksverhetzung.
Volksverhetzung! Als seien die Bremer Rauschgiftfahnder und der zuständige Polizeiarzt eine verfolgte und geschmähte Minderheit, die es zu schützen gelte. Was für eine unerträgliche Selbststilisierung. Sollen Ermittlungsbehörden fortan sakrosant sein? Und welche Regeln für öffentliche Kritik wären daraus erwachsen? „Sonderbehandlung“ beispielsweise. Darf man das nicht mehr sagen, weil der Begriff – nicht etwa originär, sondern auch – im Dritten Reich benutzt worden ist? Ein absurdes Urteil, das glücklicherweise keinen Bestand hatte. Das Landgericht ist zu loben.
Jochen Grabler
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