■ Kommentar: Wenig überzeugend
Statt einer Bilanz nach einem Jahr Großer Koalition präsentierte der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) gestern einen Ausblick auf das neue Jahr. Zu grausig ist der Blick zurück: Schleppenden Koalitionsverhandlungen folgten die gescheiterte Fusion mit Brandenburg und eine ebenso zähe wie erfolglose Haushaltsklausur. Die Koalition ist auf dem vorläufigen Tiefpunkt angelangt.
Doch wie Diepgen die Stadt auf Zukunftskurs bringen will, ist nicht zu erkennen. Eher widersprüchlich war gestern die vorgezeichnete Linie. Diepgen plädierte erneut für eine Konzentration auf „staatliche Kernaufgaben“ – eine beschönigende Umschreibung für Sozialabbau – und versprach im gleichen Atemzug, den sozialen Frieden sichern zu wollen. Von den Universitäten verlangte er, 85.000 Studienplätze anzubieten – ohne zu sagen, wie sie dies ohne angemessene Finanzierung bewerkstelligen sollen.
Noch ist nicht klar, wo der Senat die fehlenden 5,4 Milliarden Mark im Haushalt für 1997 hernehmen will. Nur mit dem Verkauf von Tafelsilber ist das nicht zu machen. Doch die Blockadehaltung der CDU-Senatoren läßt Diepgen weiterhin durchgehen. Solange diese unbedingt an Großprojekten festhalten, wird bei den sozialen Leistungen gespart. Was die Stadt braucht, ist nicht die von Diepgen erneut angekündigte Bekämpfung von Graffiti, sondern einen Senat, der sich den wirklichen Problemen der Stadt stellt. Dorothee Winden
Siehe Bericht Seite 22
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