■ Kommentar: Versteckspiel mit Kalkül
Innensenator Jörg Schönbohm hält den gesamten PDS-Landesverband für verfassungsfeindlich. Doch Belege für diesen schweren Vorwurf bleibt er schuldig. Nicht einmal dem Verfassungsschutzausschuß – dem parlamentarischen Kontrollgremium des Geheimdienstes – will der Innensenator verraten, aufgrund welcher Informationen er sich seine Meinung gebildet hat. Was Schönbohm als Anhaltspunkte für die angebliche Verfassungsfeindlichkeit der PDS vorbringt, ist äußerst dürftig. Daß die 60köpfige PDS-Bezirksgruppe Kreuzberg oder die Diskussionszirkel marxistisch-leninistischer Sektierer die Bundesrepublik in ihren Grundfesten erschüttern, klingt wenig überzeugend. Wenn die PDS wirklich so gefährlich ist, müssen die Karten endlich auf den Tisch. Sonst muß vermutet werden, daß der Senator mit leeren Händen dasteht. Aber mit der Heimlichtuerei läßt sich trefflich Politik machen. Als Schönbohm Ende vergangenen Jahres die mögliche Ausweitung der PDS-Beobachtung in Aussicht stellte, war das Thema wochenlang in den Medien. Im nächsten Jahr – pünktlich zum Bundestagswahlkampf – will Schönbohm erneut darüber entscheiden. Einen deutlicheren Beweis dafür, daß es sich um ein wahltaktisches Manöver handelt und der Verfassungsschutz für die Rote-Socken-Kampagne der CDU eingespannt wird, hätte er nicht liefern können. Dorothee Winden
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