■ Kommentar: Ohne die nötige Distanz
Gianfranco Fini kommt nach Berlin. Ganz offiziell. Die Politik reagiert darauf ohne Gespür, ohne die notwendige Distanz. Der Parlamentspräsident fädelt eigenmächtig und ohne Konsens mit den Fraktionen einen Empfang ein. Als wäre es selbstverständlich, mit einem erklärten Gegner der Demokratie zu parlieren. Etwa über die Abschaffung des Parlaments? Und der Innensenator hat nichts Besseres zu tun, als mit dem Rechtsausleger über Verwaltungseffizienz zu sprechen. Daß Faschisten ebenso wirkungsvoll wie gnadenlos organisieren können, ist eine leidvolle deutsche Erfahrung. Schönbohm dürfte wissen, an welch böse Zeiten seine neue Achse mit dem Postfaschisten erinnert. Eine solche Instinktlosigkeit sollte ihm nicht passieren.
Auf der anderen Seite geht es mit Fini nicht ganz so einfach, wie es sich die parlamentarischen Antifaschisten vorstellen. Das Programm der Alleanza Nazionale enthält, anders als das von Le Pens Front National, keine Injurien gegen Ausländer. Der smarte Postfaschist spricht nicht für eine Randgruppe, sondern für die drittstärkste politische Kraft Italiens. Er wurde zeitweise als künftiger Regierungschef gehandelt. Das macht noch keinen Waisenknaben aus dem machtbewußten 43jährigen und taugt schon gar nicht für ein Shakehands durch höchste Repräsentanten der Stadt. Aber Fini ist nur ein Vorbote. Anders als in Deutschland ist das Parteiensystem Italiens im Umbruch. Dort gibt es rechtsextreme Parteien wie Finis Alleanza, die sich klar vom Nationalsozialismus distanzieren. Damit muß man sich auch hier politisch auseinandersetzen. Das ist freilich etwas ganz anderes als ein honoriger Parlamentsempfang. Christian Füller
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