■ Kommentar: Narbe Lustgarten
Was man partout liften will, zeigt oft die Spuren von Gewalteinwirkung. Mit den Ideen, den steinernen Lustgarten umzugestalten, verhält es sich ähnlich. Weil die politischen Planer und Gartenarchitekten seit Jahren krampfhaft danach suchen, der Fläche gegenüber dem Palast der Republik ein neues Gesicht zu verpassen, kommt immer nur schlecht vernarbtes Terrain auf den Reißbrettern zutage. Das hat der Lustgarten-Entwurf aus dem vergangenen Jahr mit Bäumchenkübeln und Sitznischen, die nun realisiert werden sollen, ebenso bewiesen wie der zuvor gekippte Plan des Künstlers Gerhard Merz, dessen Pavillons direkt an der Straße – vom Volksmund als „Bushaltestellen“ enttarnt – den Platz in eine Skulptur verwandeln wollten. Hier wie dort wurde auf krampfhafte Verschönerungen gesetzt, die das Gesicht eines Ortes entstellen.
Die Freunde der Gesellschaft Historisches Berlin e.V. fordern zu Recht, der komischen „Kübellösung“ eine Absage zu erteilen. Aber ihre Argumentation weist Schwächen auf. Weder ist das Argument, die Umgestaltung sei mit 12 Millionen Mark zu teuer, ehrlich, noch greift der Protest, der Erhalt des „Nazi- Pflasters“ aus den dreißiger Jahren, mache aus dem Ort einen Aufmarschplatz. Denn die Forderung der Altberliner, den Lustgarten nach den Plänen aus dem 19. Jahrhundert zu rekonstruieren, kommt noch teurer. Und über das Nazi-Pflaster streifen pro Tag höchstens ein paar Museumsbesucher – mal mehr, mal weniger. Nichts spricht dagegen, den Ort so zu belassen, wie er ist: als Stadtplatz, der unterschiedliche Nutzungen zuläßt und erst einmal nichts kostet. So kann er alt und abgeschliffen werden. So kann er in Ruhe erwarten, was aus dem Entree zum Alten Museum und der Museumsinsel sowie dem Schloßplatz gegenüber wird. Dann sehen wir weiter. Rolf Lautenschläger
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