Kommentar: Protestler mit Schlips
■ Europas Arbeitnehmer vereinigt Euch!
Die Angst vor der Arbeitslosigkeit hat die gehobene Mittelklasse erreicht. In Schlips und Kragen zogen Verwaltungsangestellte und Forscher von Kraft Jacobs Suchard (KJS) gestern Seite an Seite mit ihren KollegInnen aus der Produktion durch die Stadt, um ihre Sorgen öffentlich zu machen.
Dabei hat die überwiegende Mehrzahl von ihnen keinen konkreten Grund, sich Gedanken um ihren zumeist ordentlich bezahlten Job zu machen. Daß sie dennoch durch den Regen stapften und ihre Schokolade an Passanten verteilten, belegt nicht nur eine Solidarität mit den tatsächlich von Arbeitslosigkeit bedrohten Kaffee-Forschern. Die Werbe-Protestaktion zeigt auch die Verunsicherung, die ein gnadenloser Wettbewerb gerade in die internationalen Konzerne getragen hat.
Entscheidungen über Verlagerung von Labors oder Schließung von Fabriken werden in New York oder Zürich getroffen. Und so konnten Betriebsräte, Gewerkschafter und die Konzernspitze von KJS Deutschland bei einer gemeinsamen Pressekonferenz allenfalls mit etwas anderem Zungenschlag eine Entscheidung kommentieren, die sie beide nicht gutheißen. Die hilflosen Proteste ohne echten Adressaten zeigen, wie wichtig eine europäische Arbeitnehmersolidarität in Zukunft sein wird. Denn nicht nur im Falle KJS spielt der Wettbewerb zuerst in Europa. Joachim Fahrun
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