■ Kommentar: Diepgens PR-Künste
Stellen wir uns vor: Ein Kommunikationshändler erzählt, mit seinem Netzknoten schaffe man den Zugang zum Internet binnen 15 Sekunden. Wir schließen den Vertrag, müssen aber zu Hause feststellen, daß der Zugriff auf die Datentrassen Minuten oder gar Stunden dauert. Was tun? Der Vertrag wird gekündigt – und der Händler hat seine Glaubwürdigkeit verloren. Bei dem kauft man nicht mehr. Eine Regel seriöser Werbung lautet: Die Tatsachen müssen stimmen.
Bei der PR für die Stadt tritt Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) dieses Prinzip mit Füßen. Behauptet er doch, gegen Ende des Jahres werde die Stadt die wirtschaftliche Talsohle durchschritten haben. Das soll wohl als Unterstützung dienen für die „Chancenstadt“, die „Schaustelle“, die „Werkstatt der Einheit“ und andere Werbekonzepte, mit denen Marketingstrategen Berlin zu einem positiven Image verhelfen wollen. Man darf wohl annehmen, daß Diepgen es besser weiß. Die Vereinigung der Unternehmensverbände sieht die Erholung erst in drei Jahren. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung sagt für 1997 kein Wachstum, sondern Schrumpfung voraus. Immer mehr Büroflächen stehen leer. Wenn der Bürgermeister an einem Image bastelt, das man so leicht als Chimäre entlarven kann, glaubt ihm das keiner. Schon gar kein Manager, dessen Firma Diepgen nach Berlin locken will. Würde der Geschäftsführer einer Agentur mit einem derart halbgaren Werbekonzept hausieren gehen, er würde gefeuert. Hannes Koch
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