Kommentar: Lizenz zum Schröpfen
■ Das Urteil im ersten Hamburger Mietwucher-Prozeß hat fatale Folgen
Das Gegenteil von gut ist gut gemeint. Auch die humorig-lockere Verfahrensführung des Harburger Richters Ulf Panzer kann nicht verdecken, daß sein Einstellungsbeschluß im ersten Hamburger Mietwucher-Prozeß fatale Konsequenzen für die HausbewohnerInnen hat. Durch die Auflage, daß Hans-Jürgen F. zukünftig zum Nulltarif vermieten muß, muß der Hauseigentümer aus wirtschaftlichem Interesse seine MieterInnen noch schneller auf die Straße setzen, als wenn die Miete vom Gericht auf Normaltarif gedrückt worden wäre. Es darf bezweifelt werden, daß die ausländischen HausbewohnerInnen in der Lage sein werden, ihre Rechte voll auszuschöpfen.
Der Vermieter, der statt erlaubter 134 Mark das fast Vierfache abkassierte, geht straffrei aus. Diese Lizenz zum Schröpfen wird geldgierige HauseigentümerInnen nur ermutigen, es bei der Mietpreisberechnung nicht so genau zu nehmen. Mit der Einstellung des Verfahrens würdigte der Richter, daß der Angeklagte dem Klischee des Bilderbuchspekulanten nicht entspricht, sondern sich beim Kauf seines Hauses verspekuliert und sich vermutlich ausweglos verschuldet hat.
Fakt aber bleibt: Hans-Jürgen F. hat seine selbstverschuldete Finanzkrise gesetzeswidrig auf die MieterInnen abgewälzt und dabei deren Notlage ausgenutzt.
Das Harburger Amtsgericht hat ihn dafür nicht zur Rechenschaft gezogen und einen Schiedsspruch gefällt, bei dem abermals die Interessen der MieterInnen auf der Strecke bleiben.
Marco Carini
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