■ Kommentar: Gebaute Provinz
Zehn Jahre nach dem Ende der Internationalen Bauausstellung gehört das „Modell IBA“ den Baugeschichtlern, Architekturhistorikern und Stadtschreibern. Die Renommierprojekte für die Südliche Friedrichstadt, Tiergarten und den Prager Platz werden von „Fachtouristen“ besichtigt, als seien sie Museumsstücke. Und selbst den Bewohnern sind ihre postmodernen Behausungen manchmal recht unheimlich, weiß man doch nicht recht, ob man in Berlin oder Bad Segeberg wohnt. In den backsteinernen Blöcken oder lustigen Stadtvillen, den netten Türmchen und Knusperhäuschen läßt es sich gut leben – wie eben in Posemuckel aus dem Baukatalog. Wer durch die westliche Zimmerstraße, die Feilner- oder Ritterstraße geht, flaniert durch neu gebaute Provinz und nicht durch Stadt.
Das Manko der IBA ist, daß sie als „Programm“ und nicht als Prozeß entworfen und gebaut worden war. Um die Innenstadt wieder als Wohnort zurückzugewinnen, haben ihre Planer alles das außen vor gelassen, was Stadt eigentlich bedeutet: Mischung, Lebendigkeit, Veränderung, einen Anteil Chaos, Verkehr und differenzierte Architekturen, die mehr als hübsche Ausstellungsstücke bilden. Zu einer wirklich „kritischen Rekonstruktion“ der Innenstadt hätte gehört, im vielbeschworenen spirit of the city, im Genius loci, mehr zu sehen als nur das Bauen auf dem historischen Stadtgrundriß und im modernen preußischen Gewand. Die einstigen Planer der IBA sind zum großen Teil dieselben, die heute das neue Berlin in der Friedrichstraße und am Potsdamer Platz realisieren. Pech ist für Berlin, daß sie aus ihrem „Monolog“ mit der Stadt scheinbar wenig gelernt haben. Sonst würden sie dort anders und nicht die IBA ex negativo bauen: Statt Wohnungsmonotonie nun Bürokästen. Das ist ebenso provinziell. Rolf Lautenschläger
Bericht Seite 24
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