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■ KommentarAgonie eines Senders

Die Aufführung war schändlich, die Taktik skrupellos und das Ziel von der allerniedersten Art: die Demonstration der Macht. Klaus-Rüdiger Landowsky hat im SFB-Rundfunkrat einmal mehr gezeigt, daß er bekommt, was er will. Seit vorgestern abend ist klar, daß es an dem mächtigen CDU-Fraktionschef vorbei in Berlin keinen Intendanten geben kann. Daß im Zweifelsfall die Reihen um Landowsky geschlossen sind, selbst um den Preis, daß der Sender einen Schritt weiter in den Abgrund von Lächerlichkeit und Agonie gestoßen wird. Denn das Machtspiel, daß Landowsky mit dem SFB spielt, ist für den Sender ein Todesspiel. Durch Landowskys feiste Drohung mit Blockade und Fundamentalopposition ist verhindert worden, daß im Rundfunkrat überhaupt eine demokratische Abstimmung zwischen den zwei Kandidaten stattfinden konnte. Ein bis dato einmaliger Vorgang.

Die Berliner Politik, die den Sender seit Jahrzehnten in ihren Fängen hält, hat in den letzten Wochen hinreichend gezeigt, daß sie an einem starken Sender in der Hauptstaddt nicht interessiert ist, wenn Stärke nur eine Spur mehr Unabhängigkeit bedeutet. Öffentlichkeit scheint den regierenden Parteien, zumal der CDU, immer noch eine Spielfläche für ihr System der Politkumpanei – die Beispiele dafür, auch aus dem SFB, sind Legion. Nennenswerten Widerstand dagegen gibt es nicht. Der Preis dafür ist, daß es in der künftigen Medienhauptstadt nur einen marginalisierten öffentlichen Rundfunk im Zustand der kalten Abwicklung gibt.

Nun wird Landowsky wieder einmal Senatskanzleichef Volker Kähne als „Konsenskandidaten“ aus dem Hut zaubern – unter anderen Umständen wäre der Mann vielleicht gar nicht der schlechteste Kandidat. Doch wer nach dem Eklat vom Dienstag abend mit dem Segen Landowskys kandidiert, ist nicht mehr als eine Kasperlefigur der politischen Klasse – zumal wenn er direkt aus der Regierungszentrale kommt. Andere Kreise wollen zu der Gespensterlösung mit TV-Direktor Horst Schättle zurückkehren, der keine Qualifikation hat außer seiner SPD- Mitgliedschaft.

Was immer der Rundfunkrat jetzt tut, verhöhnt die Verfassungsvorgabe von der Staatsferne des Rundfunks. Das Gremium hat am Dienstag seine Legitimation verloren. Kein Wunder, teilt es sich doch selbst nach politischen Einflußzonen auf. Doch eine Rundfunkpolitik jenseits der Kumpanei gibt es in Berlin nicht. Lutz Meier

Bericht und Interview Seite 19

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