■ Kommentar: Fakten zählen nicht
In Zeiten, in denen Ideologie als anachronistisch verworfen wird, entfaltet sie ihre Wirkung in voller Schönheit. Was kümmert es die SPD, daß keine Kriminalitätsstatistik eine Verschärfung des Polizeigesetzes hergibt? Was kümmert es die InnenpolitikerInnen, daß das Berliner Polizeigesetz längst – wie es der Düsseldorfer Polizeipräsident warnend formulierte – „rechtsstaatswidrige Möglichkeiten zur Informationssammlung“ enthält? Was zählt, ist eine Idee: die von der gefährdeten Stadt.
Vor genau einem Jahr hat der Arbeitskreis Inneres der SPD- Fraktion zum ersten Mal den Gesetzentwurf der CDU beraten. „Mit uns nicht!“ hieß es damals. „Die SPD hat Zweifel an der Verhältnismäßigkeit“, betonte man, ganz dem rechtsstaatlichen Gestus verpflichtet. „Die SPD ist nicht bereit, solchen Plänen nachzugeben“, verpflichtete sich der innenpolitische Sprecher seinen WählerInnen. Und plötzlich ist der Druck zu groß. Nicht der berühmte Druck von der Straße, nicht einmal der Druck der Kriminalitätsstatistik ist mehr erforderlich, um eine innenpolitische Kehrtwende zu verkaufen. Der Druck, dem die SPD nachgeben will, kommt vom Koalitionspartner CDU. Es ist jener Druck, den die Gewerkschaft der Polizei, die CDU-Innenpolitiker und der Innensenator in der heißen Sommerdebatte über New Yorker Verhältnisse aufgebaut haben, der jetzt seine Wirkung entfaltet. Der ehemalige New Yorker Polizeipräsident ist als Handlungsreisender in Sachen Null-Toleranz längst weitergezogen. Die von ihm angestachelte Paranoia soll mit Hilfe der SPD jetzt in Gesetzesform gegossen werden. Barbara Junge
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