Kommentar: Männliche Therapie
■ Wie strafmilderndes Selbstbewußtsein mit Waffengewalt erkauft werden kann
Söldnertum scheint in den Augen derer, die an den Grenzen AusländerInnen filzen, nicht mehr als eine Freizeitbeschäftigung für Abenteurer zu sein. So können deutsche Männer offenbar unkontrolliert mit leerem Rucksack nach Kroatien reisen und mit einem kompletten Waffenarsenal zurückkehren.
Auch Marko B. ist solch ein deutscher Mann. Er hat ein stark unterentwickeltes Selbstbewußtsein. Das ist nun aktenkundig. Erklärt wird damit auch höchst richterlich, warum er stets schwerbewaffnet durch die Gegend fuhr. Denn männliches Selbstbewußtsein definiert sich nunmal über Stärke, und die kann mann sich offenbar in Kroatien mit Waffen erkaufen. In Deutschland kann das – als männliches Leid – dann schuldmindernd angerechnet werden.
Das klingt wie eine Therapie, die Männerträume wahrmacht. Jeder kann in ein Kriegsgebiet ziehen und dort den Helden spielen. Waffen geben Stärke, Stärke gibt Macht. Mit der Abreise muß das Abenteuer nicht beendet sein. Denn die wackeren Kämpen dürfen sich zur Belohnung für ihren altruistischen Einsatz ja an der Kriegsbeute bereichern. Was Marko B. in Kroatien außer Waffen noch geboten wurde, ist nicht bekannt. Bekannt ist nur, daß er sein Selbstbewußtsein in Deutschland weiter trainierte. Elke Spanner
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen