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■ KommentarNur ein Klaps auf den Po

Der Kampf um die Aufnahme des Tatbestandes „Vergewaltigung in der Ehe“ ins Strafgesetz ist mindestens genauso alt wie der um das Selbstbestimmungsrecht der Frauen bei Abtreibungen. Nach 25 Jahren rang sich der Bundestag im Juli 1997 endlich dazu durch, den Vergewaltiger im Ehebett dem Vergewaltiger im Park gleichzustellen. Sogar die „Widerspruchsklausel“, mit der die Ehefrau die eingeleitete Strafverfolgung gegen ihren Mann noch hätte stoppen können, wurde in dem neuen Gesetzestext fallengelassen.

In Hinblick darauf, daß es sich dabei um einen mühsam parteiübergreifenden Kompromiß handelt, ist es nicht verwunderlich, daß das Machwerk manche Mängel aufweist. In einem Pilotverfahren hielt die 38. Strafkammmer des Landgerichts einen 34jährigen Maurer gestern zwar der Vergewaltigung seiner Ehefrau für schuldig, verurteilte ihn mit Fingerzeig auf den verkorksten Gesetzestext aber „nur“ wegen „sexueller Nötigung“, weil der Mann vermindert schuldfähig sei.

Wenn der Angeklagte wegen Vergewaltigung verurteilt worden wäre, wäre unter dem Strich vermutlich auch keine höhere Strafe herausgekommen – zumal drei Jahre Haft, gemessen an anderen Urteilen für vergleichbare Delikte – eine deutliche Sprache sind. Das Paradoxe ist vielmehr, daß im Urteil trotz erwiesener Vergewaltigung „nur“ sexuelle Nötigung steht. Die Täter, egal ob mit oder ohne Ehering, können sich die Hände reiben. Mit einer solchen Eintragung im Führungszeugnis wird es bestimmt keine Probleme mit dem Chef geben. Mann braucht nur zu behaupten, daß die sexuelle Nötigung ein Klaps auf den Po war. Plutonia Plarre

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