Kommentar: Heroin vom Pastor
■ Die Hamburger Drogenpolitik ist so absurd wie die gesetzlichen Grundlagen
Natürlich sollte man eigentlich dankbar sein: Hamburgs Drogenpolitik ist zweifelsohne im bundesdeutschen Vergleich fortschrittlich. Droht einem zum Beispiel in München für die Forderung nach einer Fixerstube noch immer mindestens die standesrechtliche Erschießung, fordert in der Hansestadt die CDU lautstark, man möge mehr Druckräume einrichten.
Aber dennoch: Was hat die liberale Drogenpolitik gebracht? Von Entlastung kann noch immer keine Rede sein – weder für Junkies noch für die Bevölkerung. Die Gesetzeslage, die den Konsum erlaubt, die Beschaffung des Rauschmittels aber unter Strafe stellt, treibt nach wie vor ihre absurden Blüten.
Die Hansestadt Hamburg finanziert Konsumräume und gleichzeitig Polizeiaufgebote, die die Drogenhändler hemmungslos in die Wohnviertel treiben. Unzählige Male schon wurde der Senat davor gewarnt, daß die unintelligente Vertreibungspolitik die Situation nur verschlimmert. Genützt hat es nichts. Daß die Dealer den Süchtigen zum FixStern folgen würden, war langfristig klar. Ebenso würde es einem Druckraum in Ottensen ergehen. Die Junkies können schließlich nicht virtuell konsumieren.
Um den verrückten Teufelskreis zu durchbrechen, bräuchte es wohl Rotterdamer Verhältnisse: Dort hat ein Pastor sich Hausdealer zugelegt, die guten Stoff zu annehmbaren Preisen liefern. Den verkauft er dann weiter an Junkies. Die Polizei weiß davon, wagt es aber nicht, das Gotteshaus anzutasten. Ein Beispiel für Kirchenasyl, das man zur Nachahmung empfehlen möchte. Silke Mertins
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