■ Kommentar: Sorglose Kuratoren
Ein Sonderweg der Berliner Hochschulpolitik geht zu Ende. Nach der Humboldt-Universität will jetzt auch die Freie Universität ihr Kuratorium abschaffen. Dieses Gremium gibt es in keinem anderen Bundesland: Acht Uni-Angehörige, acht Politiker und sechs Vertreter gesellschaftlicher Gruppen entscheiden dort über universitäre Belange, nicht zuletzt über den Haushaltsplan. Vor allem Studenten und Gewerkschafter, in anderen Uni-Gremien noch einflußloser, singen ein Loblied auf die Vermittlungsinstanz zwischen Wissenschaft und Gesellschaft.
Das sind hehre Worte, denen die Wirklichkeit längst nicht mehr entspricht. Zwar heißt „curare“ zu deutsch: Sorge tragen. Doch die Sorge der Kuratoren gilt zuletzt dem Wohl der Universität. Da stimmt der Vertreter des Senators einem Haushalt zu, den seine Behörde später zurückweist, da verfolgen Gruppenvertreter munter Partikularinteressen, da üben sich Politiker in inhaltsarmer Profilierung. Wie bei den Rundfunkräten hat sich der Sinn des Gremiums ins Gegenteil verkehrt.
Eine klare Kompetenzverteilung zwischen Hochschule und Politik tut not. Die FU-Professoren machen es sich aber zu einfach, wenn sie die Politik überhaupt nicht mehr dreinreden lassen, gar das traditionelle Berufungsrecht des Wissenschaftssenators abschaffen möchten. Müßte nur der Uni-Präsident, von seinen professoralen Wählern selbst abhängig, die Berufungslisten abnicken, dann wären dem akademischen Klüngel keine Grenzen gesetzt. Solange innerhalb der Hochschule wenig Transparenz herrscht, ist ein politisches Korrektiv von außen nötig – übrigens ganz unabhängig von der Person, die das Amt des Wissenschaftssenators gerade ausübt. Ralph Bollmann
Bericht Seite 27
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